IHK Podiumsdiskussion in Heroldsbach zur Bundestagswahl
Von Thomas Weichert
Heroldsbach
Die wirtschaftspolitische Podiumsdiskussion der Industrie- und Handelskammer (IHK) Oberfranken hat vor Wahlen Tradition. Diesmal wurden die acht aussichtsreichsten Bundestagskandidaten des Wahlkreises Bamberg-Forchheim in die Hirtebachhalle eingeladen. Es kamen rund 200 Zuhörer.
In den drei Fragerunden stellten sich die Kandidaten den Fragen von Moderator Mischa Salzmann zur Energiepolitik, dem Bürokratieabbau und der Fachkräftesicherung. IHK-Präsident Micheal Waasner zeichnete in seiner Begrüßungsrede ein düsteres Bild der deutschen und auch der oberfränkischen Wirtschaft. Auch in Oberfranken sei die wirtschaftliche Lage besorgniserregend. Für Mirko Pohl, Sprecher der Forchheimer Wirtschaftsjunioren, ist klar: Die Wirtschaftswende muss jetzt kommen. Leere Worthülsen der Politiker brauche man keine mehr. In vielen Punkten waren sich die acht Bundestagskandidaten einig. Für Harald Reinhard (BSW) muss die Wirtschaft absolut Vorfahrt haben. Man brauche jetzt einen Politikwechsel und eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Für Michael Weiß (AfD) ist seine Partei die einzige politische Kraft die Deutschland vor dem Untergang retten kann. Die EU sei ein „überbordender Haufen“, Energie müsse wieder bezahlbar werden und die Unternehmen brauchen wieder Investitions- und Planungssicherheit. Jan Jaegers (Linke) will die Vermögenden mehr belasten, den Geldbeutel der kleinen Leute stärken, die Schuldenbremse beenden, den ÖPNV verbessern, wieder günstiges Gas aus Russland und einen Transformationsfond für die Automobilindustrie. CSU-MdB Thomas Silberhorn will die Wirtschaft wieder wettbewerbsfähig bekommen. Runter mit der Stromsteuer, neue Gaskraftwerke bauen, die man auch mit Waserstoff betreiben kann und für Firmen Investitionsanreize setzen. Gegen US-Präsident Donald Trump müsse Europa geschlossern auftreten. Für Jens Herzog (FW) muss das Stromnetz ausgebaut werden. Dafür braucht es 500 Millarden Euro. Die noch vorhandenen Atomkraftweke hätte man noch drei Jahre weiterlaufen müssen und die CSU sei es, die den Ausbau der Windkraft in Bayern verhindert habe. Für Sebastian Körber (FDP), braucht es faire Wettbewerbsbedingungen. Der Mittelstand brauche eine Entlastung der Körperschaftssteuer, der Soli müsse weg, die Umsatzsteuer müsse auf Ist-Besteuerung umgestellt werden, eine Verwaltung, die sich inzwischen selbst verwalte, müsse weg und die Steuern müssen runter. Von MdB- Lisa Badum (Bündnis 90/Grüne) gab es gleich den ersten Seitenhieb in Richtung AfD. Dies sei eine Partei die unseren Wohlstand abschaffen will. Später noch ein Seitenhieb gegen Weiß. „Ich verstehe nicht, das Sie von Nichtdeutschen nicht bedient werden möchten.“ Dies hatte Weiß so aber gar nicht gesagt. Bei der Atomenergie führe kein Weg mehr zurück. Erneuerbare Energien hätten jetzt schon einen Anteil von 60 Prozent. Die „Ampel“ habe die Energiekrise gemeistert. Badum sprach von der „Atomstromlüge“. Nur fünf Prozent des Stromverbrauchs würden importiert. Auf der Webseite der Bundesnetzagentur liest sich die jedoch anders.“ Im Vergleich zum Vorjahr sind die Stromimporte in 2024 um rund 23,2 Prozent gestiegen“, heißt es dort. Körber zieht einen Joker und sagt: „Habeck soll an seinem Küchentisch sitzen bleiben.“ MdB Andreas Schwarz (SPD) sprach von einem gutem Weg der Energiepolitik, den die Ampel bisher gegangen sei, den man konsequent weiter gehen müsse. Auch wenn sein CSU-Kollege Silberhorn es sich noch mal anschauen will, abgeschaltete Kernkraftwerke als Übergangslösung noch weiter laufen zu lassen und kleine neue Kernkraftwerke vorschlug. Dies hielt Herzog für nicht machbar. Das Geld könne man wesentlich besser in erneuerbare Energien investieren. Er forderte einen Strompreis von 4 Cent für die Wirtschaft. Für Körber wird das nicht ausreichen. Er ist ganz klar für Atomkraft. „Wir sind nicht energieoffen, sondern verblendet“, gibt im Weiß ihm recht. Allerdings baut man so einen Reaktor nicht in einer Woche, aber mit dem Atomabfall könnte man für die nächsten 2000 Jahre nach neuerem Stand der Technik Kernkraftwerke betreiben. Beim Thema Bürokratieabbau bekommt Schwarz Bluthochdruck. Immer mehr Beamte schaffen immer mehr Probleme. Die Digitalisierung müsse bei Behörden schneller Einzug halten. Jaegers hingegen will noch mehr Leute einstellen um der Bürokratie Herr werden zu können. „Je mehr Beamte man hat, umso mehr Bürokratie haben wir. Das sind jede Menge Arbeitsplätze ohne Nutzen“, kontert Silberhorn. Körber ist für ein Bürokratieentlastungsgesetz, Badum verweist darauf, dass die Ampel den Bundestag um 100 Abgeordnete verkleinert hat und sinnlose Vorschriften für Kleinbetriebe entsorgt werden müssen. Reinhard kontert: „Das kann ich nicht feststellen.“ Auch Bebauungsplanverfahren dauern viel zu lange. Weiß sprach von einem „Bürokratiewahnsinn“. Unternehmer würden wie „Schwerverbrecher“ behandelt. Zum Thema Fachkräftemangel müsse laut Herzog das Bürgergeld reformiert werden. Er fordert 2000 Euro steuerfreies Einkommen. Körber eine flexible Wochenarbeitszeit. Für Badum haben wir zu wenig ausländische Fachkräfte. „Wo sollen die alle leben, in Zelten“, fragt Weiß. Reinhard will beschleunigte Verfahren, um ausländische Qualifikationen anzuerkennen und einen Mindestlohn von 15 Euro. Schwarz will zur Fachkräftesicherung einen Deutschlandfond auflegen. Weiß will „echte ausländische Fachkräfte“, die bei uns arbeiten wollen. Jäegers fordet eine Krankenversicherung in die alle einzahlen und 100 Milliarden Euro für eine Bildungsreform. Silberhorn: „Wir müssen neue Wohnungen bauen.“ Badum: Mit Trump müssen wir sprechen, an Autokraten dürfen wir aber keine Zugeständnisse machen. Das Menschenbild der AfD wird immer verachtenswürdiger.“ Darauf bezog sich Badum auf die Aussage von Weiß, das er sich von einem Herzchirurgen aus dem Ausland ohne nachgewiesener Qualifikation dafür, nicht operieren lassen möchte.
IHK Präsident Dr. Michael Waaser bei der IHK Podiumsdiskussion in Heroldsbach:
Die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) stagniert schon seit gut fünf Jahren. Zudem stürzen die Ausrüstungsinvestitionen der Firmen geradezu ab. Seit 2019 um 13 Prozent. Die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standorts schwindet schnell, neue Wettbewerber aus China haben leichtes Spiel. Das Motto der Stunde lautet für große Unternehmen: „bloß raus aus Deutschland“, die kleinen finden keine Nachfolge mehr. Auch bei uns in Oberfranken ist die Lage besorgniserregend. „In unseren oberfränkischen Konjunkturumfragen verschlechtern sich die Lageeinschätzungen und die Zukunftserwarungen stetig.“ Die Wirtschaft wurde mit extrem umfangreichen Regelungen geradezu überschüttet. Und viele weitere bürokratische Regulieruinben sind von Seiten der EU in Vorbereitung. „Es stellt sich die Frage, ob wir längst nicht über unsere Verhältnisse leben ?“ Denn auf die EU entfallen sechs Prozent der Weltbevölkrung, aber über 60 Prozent der Sozialausgaben weltweit.