Vermieterversammlung: Tourismus in Pottenstein boomt - Vieles liegt aber noch im Argen
Von Thomas Weichert
POTTENSTEIN
2016 wurden im Gemeindebereich Pottenstein inklusive der Campingplätze insgesamt über 71.000 Gästeankünfte und gut 252.000 Übernachtungen registriert. Erstmals in der Tourismusgeschichte der Stadt konnte damit die Marke von 70.000 Gästeankünften überschritten werden. Dieses hervorragende Ergebnis der stetig steigenden Zahl von Gästen führte Pottensteins Cheftouristiker Thomas Bernard während der mit rund 30 Personen besuchten Vermieterversammlung im Braugasthof Mager zum einen auf den boomenden Inlandstourismus, zum anderen aber auch auf die Angebote der Erlebnismeile die Pottenstein für seine Gäste vorhält, zurück. Gerade wegen den umfangreichen Pottensteiner Freizeiteinrichtungen stieg auch die Zahl der Tagestouristen in Pottenstein auf gut 750.000 an. Damit ist Pottenstein die Tourismushochburg in der Fränkischen Schweiz schlechthin.
Der Umsatz im Tourismus liegt laut Bernard pro Jahr innerhalb der Gemeinde Pottenstein bei mehr als 40 Millionen Euro. Damit ist der Tourismus auch der wichtigste Wirtschaftsfaktor. Dennoch liegt die Auslastung der 1608 Gästebetten nur bei 36,5 Prozent. Anders ausgedrückt: Zweidrittel des Jahres sind die Gästebetten leer. Hier sieht Roland Wölfel von der Forchheimer Beratungs- und Management GmbH CIMA, die das neue Tourismuskonzept für die Fränkische Schweiz im Auftrag der Tourismuszentrale erstellt, noch enormes Potential für die Pottensteiner Vermieter um die Tourismussaison mit speziellen Angeboten zu verlängern. Allerdings muss hier vor allem in Sachen Qualität und Angebot noch vieles verbessert werden. Zumindest einige Freizeiteinrichtungen müssten auch in der bisher eher toten Zeit geöffnet sein, ebenso wie viele Gasthäuser in der Fränkischen Schweiz. Am Freitag und Samstag an dem die meisten Gäste ankommen erhalten sie die wenigsten Informationen weil die meisten Tourist-Infos zu haben. Hier müssten Info-Punkte geschaffen werden die auch am Wochenende offen haben. Außerdem fehlt in der Fränkischen Schweiz eine durchgehend einheitliche Beschilderung zu den Sehenswürdigkeiten und Freizeiteinrichtungen. Vorbildlich ist dies zum Beispiel in der Region am Rennsteig in Thüringen.
Wanderwege Topp - Service Flopp
Uneinheitlich ist auch das Erscheinungsbild der insgesamt 39 Tourist-Infos in der Fränkischen Schweiz von denen sich einige noch „Fremdenverkehrsämter“ nennen. Es gibt auch noch Vermieter die „Fremdenzimmer“ anbieten. Davon müsse man wegkommen und diese „Gästezimmer“ nennen, wandte Josef Gröschel aus Tüchersfeld ein, denn der Gast dürfe sich nicht als Fremder fühlen. Gut beschildert und ausgebaut sind inzwischen die vielen Wanderwege rund um Pottenstein, so Theo Bruckmayer, seines Zeichens Chef des Tourismusvereins. Vor zehn Jahren war der schlechte Zustand der Wanderwege und die fehlende oder verwirrende Wanderwegsmarkierung noch der größte Kritikpunkt der Gäste. Ebenso die fehlenden ÖPNV-Verbindungen mit unübersichtlichen Fahrplänen und die Öffnungszeiten der Gastronomiebetriebe. Dieses Bild hat sich gewandelt. Größter Kritikpunkt ist der Gäste nach der Gästebefragung im letzten Jahr ist heute die fehlende gastronomische Vielfalt und an zweiter Stelle die Freundlichkeit und der Service in der Gastronomie. Wie Wölfel meinte müssten sich die Gastronomen untereinander besser absprechen wer wann geöffnet hat. Denn es könne nicht angehen das ein Gast in Pottenstein kein einziges offenes Wirtshaus findet oder am Nachmittag und Abend nichts warmes mehr zu Essen bekommt. „Beschäftigen müssen wir uns in Zukunft auch mit den Öffnungszeiten der Freizeiteinrichtungen die auch Angebote außerhalb der Saison anbieten müssen“, so Bernard.
Wenig Sterne
Auch noch ein großes Manko die fehlende Transparenz in Sachen Zertifizierung der Unterkünfte. Zweidrittel der Hotels in der Fränkischen Schweiz und vierfünftel der privaten Bettenhäuser sind nicht zertifiziert. Das ist für den Kunden, der heute sein Feriendomizil über das Internet aussucht, nicht transparent, so Wölfel. „Wenn wir keine Informationen bieten fallen wir durch den Rost“, so der Tourismusexperte der selbst in Obertrubach wohnt. Wie Bernards Statistik zeigt wählt der größte Teil der Pottensteiner Übernachtungsgäste das Hotel oder die Ferienwohnung über das Internet aus. Erstaunlich auch das von allen befragten Gästen 54 Prozent im letzten Jahr erstmals Urlaub in Pottenstein machten. Die meisten davon wohnen in Ferienwohnungen, zugelegt haben die Übernachtungen in Hotels und die Übernachtungszahlen in Privatpensionen stagnieren. Die meisten Gäste kommen mit Partner, zweitgrößte Gruppe sind Familien, drittgrößte Alleinreisende und abgeschlagen sind Reisegruppen. Letzteres liegt vor allem daran das kaum ein Gasthof eine ganze Busgesellschaft unterbringt. Auch das Konsumverhalten hat sich geändert. Der so genannte „grüne Konsum“ nimmt zu. Bio und Vegetarisches muss also mit auf die Speisekarten, nicht nur Schäuferle und Schweinebraten.
Gast will Wow-Effekt
„Die Gäste wollen auch keine Kunstwelten mehr, sondern Nachhaltigkeit“, so Wölfel. Ganz entscheidend sei heute auch, dass die Vermieter ihren Gästen so genannte „Wow-Effekte“ bieten. Dies sei oft mit ganz einfachen Mitteln zu erreichen. Zum Beispiel am Vormittag Äpfel selber pflücken und am Nachmittag daraus dann Apfelmus machen. Die Senioren sind heute auch zunehmend digital unterwegs. Allerdings nützt dies dann nichts wenn die Handyverbindung ständig abreißt. Auch dies müsse dringend verbessert werden, so auch Pottensteins Bürgermeister Stefan Frühbeißer. Wandern ist nach wie vor an erster Stelle der Urlaubsentscheidung für Pottenstein und die Fränkische Schweiz. Durch die E-Bikes wird aber der Radtourismus immer wichtiger und im Ansteigen auch die Kletterer die in Ferienwohnungen oder Pensionen übernachten. Für dieses Klientel müssten spezielle Angebote geschaffen werden. So brauche man dringend eine Karte für Radler.
Kurtaxe bald in der gesamten Gemeinde ?
Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Übernachtungsgäste ist auf 3,5 Tage weiter leicht gesunken. Wie Frühbeißer erklärte hat die Stadt für den Kernbereich des Tourismus im letzten Jahr rund 380000 Euro ausgegeben, aber nur 130000 Euro eingenommen. Ein jährliches Defizit also von rund 250000 Euro. Dennoch für Frühbeißer eine gute Investition in den Tourismus als größten Wirtschaftsfaktor. Mit zwei Prozent hat Pottenstein allerdings einen sehr geringen Fremdenverkehrsbeitrag im Vergleich zu anderen Tourismusgemeinden. Gößweinstein hat hier vier Prozent, Waischenfeld fünf und Ebermannstadt liegt gar bei 5,8 Prozent. Und dies obwohl Pottenstein die meisten Freizeiteinrichtungen vorhält. Von der Einführung einer Kurtaxe für Tagesgäste hält Frühbeißer nichts, das Kurgebiet soll jedoch in etwa zwei auf das gesamte Gemeindegebiet ausgeweitet werden wenn überall die Voraussetzungen dafür geschaffen sind. Bei einem Euro pro Tag und Gast liegt derzeit die Kurtaxe. Auch hier ist Pottenstein noch sehr günstig.