Markt Gößweinstein ist „Bildungs-Pilotgemeinde“ im Landkreis Forchheim
Von Thomas Weichert
GÖSSWEINSTEIN
„Bildung fängt mit der Geburt an und hört mit dem Tod auf.“ Dies sagte Bürgermeister Hanngörg Zimmermann (BMG) bei der Präsentation der ersten „Bildungsbroschüre“ des Pilotprojekts des Landkreises Forchheim unter dem Titel „Leben und Lernen in Gößweinstein“. Dieses vom Bund und der EU geförderte Pilotprojekt soll die bildungspolitische Steuerung auf Gemeindeebene unterstützen und Vorreiter in Sachen Bildung im Landkreis Forchheim ist als erste Gemeinde nun der Markt Gößweinstein. Herausgekommen ist dabei eine 40-seitige Hochglanzbroschüre in einer Auflage von 2500 Exemplaren die nun an alle Haushalte der Marktgemeinde verteilt wird.
Stellten den Gößweinsteiner Bildungsbericht vor: V.l.n.r.: Martin Haendl (Leiter des Bildungsbüros im Landratsamt Forchheim und Bildungsmanager des Landkreises Forchheim), Landrat Dr. Hermann Ulm, Sozialwissenschaftlerin Dr. Julia Schilling und Bürgermeister Hanngörg Zimmermann. Foto: Thomas Weichert
Seit ziemlich genau einem Jahr nimmt der Landkreis Forchheim am Förderprogramm „Bildung integriert“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) teil. Dank dieser Förderung konnte im Bildungsbüro des Landratsamts eine neue, vorerst befristete, Stelle im Bereich Bildungsmonitoring eingerichtet werden die von Dr. Julia Schilling besetzt ist. Die Sozialwissenschaftlerin bringt langjährige Erfahrung aus der Bildungs- und Sozialforschung mit und setzt sich nun gemeinsam mit Martin Haendl, dem Leiter des Bildungsbüros und Bildungsmanager des Landkreises, für eine systematische Betrachtung und damit effektive Steuerung des Bildungswesens ein. Landrat Dr. Hermann Ulm (CSU) steht voll hinter diesem Vorhaben, denn als ehemaligem Lehrer liegt ihm der Bereich Bildung sehr am Herzen. Wie Ulm erklärte war es ihm auch deswegen ein besonderes Anliegen, das Bildungsbüro personell aufzustocken. Ganz wichtig für Ulm ist es, dass das Thema Bildung von der Landkreisebene auf die Gemeinden heruntergebrochen wird. „Denn in den Gemeinden sitzen die Akteure“, so der Landkreischef. Ideales Ziel für Ulm ist es nun, jeder der 29 Landkreisgemeinden eine Bildungsbroschüre an die Hand zu geben. Denn die wesentliche Leistungen im Bereich Bildung werden auf Gemeindeebene in Kindertageseinrichtungen, Schulen oder auch in den Vereinen erbracht. Allerdings unterscheiden sich die kommunalen Bildungslandschaften im Landkreis Forchheim beträchtlich. Daher widmeten sich Haendl und Schilling im Rahmen eines ihrer ersten Projekte der Bildungsberichterstattung sowie dem Bildungsdialog auf Gemeindeebene, um die Strukturen vor Ort zu stärken.
Vorhandene Bildungseinrichtungen stärken und vernetzen
Vor allem um die vorhandenen Bildungseinrichtungen zu erhalten und zu vernetzen. Übergeordnetes Ziel ist die Verbesserung der Bildungs- und damit auch der Lebensqualität für die Einwohner und damit schließlich eine Erhöhung der Attraktivität der jeweiligen Standorte. Als Modellkommune hat sich der Markt Gößweinstein zur Verfügung gestellt und die Leitungen der Kindergärten, der Schule, der Offenen Ganztagsschule sowie einen Vertreter für die Senioreninitiative an einen Tisch geholt. „Die Teilnahme an diesem Prozess war eine hervorragende Gelegenheit, unsere lokalen Akteure im Bildungsbereich zu versammeln und gemeinsam über die besonderen Herausforderungen in unserer Gemeinde zu sprechen,“ freut sich Zimmermann. Als Grundlage für die nun weiterführende Diskussionen zum Thema Bildung hat Julia Schilling eine umfassende Übersicht über die bereits in der Marktgemeinde bestehenden Bildungsangebote erstellt und um detaillierte Informationen zur Bevölkerungsentwicklung und -struktur ergänzt. In insgesamt zwei Gesprächsrunden, an denen auch der Bürgermeister und die beiden Vertreter aus dem Bildungsbüro teilnahmen, wurden Handlungsfelder identifiziert und Lösungsvorschläge diskutiert. Dabei kristallisierten sich drei Schwerpunktthemen heraus. Zum einen der Ausbau der Kinderbetreuungsmöglichkeiten, hier insbesondere die Randzeitenbetreuung und intensivierte Kooperation der drei Kindergärten im Marktgebiet. Weiterhin die Stärkung der Mittelschule, insbesondere durch Marketing der Schulform an sich sowie die Vertiefung der Zusammenarbeit mit Ausbildungsbetrieben in der Region und schließlich die Erhöhung der Mobilität der Einwohner in den 28 Gößweinsteiner Ortsteilen. Durch Bündelung der Ressourcen aus den verschiedenen Bereichen kann die Gemeinde nun zielgerichtet die Strukturen vor Ort weiter entwickeln, um schließlich im Markt Gößweinstein eine nachhaltige Bildungslandschaft zu gestalten, die den Bedürfnissen der Einwohner gerecht wird, aber auch geeignet ist, um Neubürger zu gewinnen.
Auf Neubürger angewiesen
Denn wie die meisten Gemeinden im Landkreis Forchheim ist auch Gößweinstein auf Zuzüge von Familien angewiesen, um die Auswirkungen des demografischen Wandels auszugleichen und der Alterung der Bevölkerung entgegenzutreten. Gößweinstein ist dabei für die Zukunft gut aufgestellt. Jedenfalls was die Bevölkerungsentwicklung betrifft für die das Bayerische Landesamt für Statistik bis zum Jahr 2028 wieder eine Zunahme an Einwohnern prognostiziert. Allerdings ist der Anteil der 50- bis 65-Jährigen in Gößweinstein in den letzten zehn Jahren von 16 auf 25 Prozent deutlich angestiegen während die Gruppe der schulpflichtigen Kinder geschrumpft ist. Immerhin blieb aber der Anteil der unter Sechsjährigen in den letzten Jahren stabil, was Schule und Kindergärten sichert. Das die Gruppe der über 65-Jährigen in den letzten Jahren in etwa gleich blieb ist für Ulm ein Indiz dafür, dass Gößweinsteins Gesamtbevölkerung ein „regeneratives Potential“ hat. Die Broschüre „Leben und Lernen in Gößweinstein“ fasst sowohl die Ausgangslage als auch die Ergebnisse des Bildungsdialogs zusammen und illustriert die Breite der Bildungsgelegenheiten im Marktgebiet. Dabei wird deutlich, dass „Bildung“ nicht nur Kindergärten, Schulen oder der Volkshochschule vermittelt wird, sondern in hohem Maße auch durch Ehrenamt, Vereinsarbeit und informellen Austausch sowie durch touristisch geprägte Angebote im Bereich „Natur und Kultur“. „Das entspricht exakt dem erweiterten Verständnis von Bildung, das auch wir im Bildungsbüro vertreten, nämlich die lebenslange Weiterentwicklung von persönlichen, praktischen, geistigen und kulturellen Fähigkeiten, also das lebenslange Lernen“, erläutert Haendl. Für Bürgermeister Zimmermann sind die in der Broschüre enthaltenen Ergebnisse eine Initialzündung für seine Gemeinde. Er wünsch sich nun regelmäßige Treffen aller Beteiligten, weil diese Ergebnisse gut waren. Vor allem sei Bildung ein ganz wichtiger Baustein für Menschen die sich im Markt niederlassen wollen. Für Schilling ist die Broschüre auch ein guter Werbeträger um Neubürger zu gewinnen. Auch auf der Internetseite der Gemeinde unter www.goessweinstein.de sowie des Bildungsbüros www.bildungsregion-forchheim.de ist die Broschüre als PDF abrufbar.
Weitere Gemeinden sollen folgen
Mehrere Gemeinden im Landkreis haben laut Ulm nun bereits Interesse an einem ähnlichen Prozess unter Federführung des Bildungsbüros bekundet. Julia Schilling steht daher schon in den Startlöchern für die Fortsetzung des Projekts „Ich freue mich, dass diese interaktive Form des Mini-Bildungsberichts bei den Gemeinden so gut ankommt, denn gerade die kleinen und mittleren Gemeinden können durch die individuelle und nachhaltige Gestaltung ihrer Bildungslandschaften vor Ort einen wesentlichen Beitrag für die Bildungschancen unserer Kinder leisten“, so Schilling.