GÖSSWEINSTEIN Der politische Aschermittwoch der Freien Wähler im Gasthof „Zum Löwen“ wurde einst vom ehemaligen Bürgermeister Hans Backer ins Leben gerufen und hat lange Tradition. Die schillerndste Politikerin die jemals bei dieser Veranstaltung gesprochen hatte, war die ehemalige Fürther CSU- Landrätin und spätere FW-Landtagsabgeordnete Gabriele Pauli. Heuer konnte Gößweinsteins FW-Chef Rainer Polster den Sohn des früheren Bayerischen Ministerpräsidenten Max Streibl (CSU), Florian Streibl, in dessen Eigenschaft als parlamentarischer Geschäftsführer der FW-Landtagsfraktion als Gastredner begrüßen. Streibl war mit seiner Frau Barbara nach Gößweinstein gereist und übernachtete auch im „Löwen“.
Bürgermeister Hanngörg Zimmermann (BMG) nutzte vor der eher mäßig besuchten Abendveranstaltung die Gelegenheit, um den Landtagsabgeordneten aus Oberammergau über die aktuellen Gößweinsteiner Probleme und Projekte zu informieren und um Unterstützung zu bitten. Streibl war bereits früher schon einmal in der Fränkischen Schweiz und findet die Landschaft hier heimeliger und vertrauter als in seiner Heimat, wo einen die riesigen Berge fast erschlagen. Florian Streibl kommt politisch ursprünglich, wie Pauli auch, aus er CSU. Ausgetreten ist er als sein Vater nach der Amigo-Affäre von der CSU totgeschwiegen wurde. Dies habe sein Vertrauen in die CSU tief erschüttert, sagt er. Mit der Politik wollte er danach eigentlich nichts mehr zu tun haben. Doch es kam anders. 2001 fragte ihn ein guter Freund ob er für eine Freie-Wähler-Gruppierung in Oberammergau die Listenführung für die Gemeinderatswahl übernehmen wolle. 2008 wurde er dann gefragt, ob er für die Freien für den Landtag kandidiert. Damit gerechnet, tatsächlich in den Landtag einzuziehen, hat er damals nicht. Heute sagt Streibl, dass es richtig war. Denn Demokratie sei etwas für mutige Menschen mit Zivilcourage. Abends beim Löwen sagt er dann, dass man über Demokratie mit Begeisterung reden müsse. Kritik übt Streibl an den etablierten Parteien in Berlin und deren Koalitionsverhandlungen. „Damit treibt man die Leute denen in die Arme, die was ganz anderes wollen“, sagt Streibl, ohne dabei die AfD zu nennen. Und der CSU geführten Staatsregierung wirft er vor, sich mit sich selber zu beschäftigen. Massiv kritisiert er Seehofer, der nun Minister in einem Kabinett Merkel werden will und Söder in Bayern verhindern wollte. Dies sei ein würdeloses Schauspiel. Außerdem verschlafe die Staatsregierung die Energiewende. Hier hätte man Bayern zu einer Musterregion machen können anstatt Monstertrassen zu bauen. Die Freien Wähler hingegen seien der „ Felsen im Schwarzen Meer, an dem die Wogen zerbrechen.“ Politik müsse man für die Menschen in den Städten und Dörfern machen.“ In vielen Bereichen werden die Kommunen von der Landespolitik jedoch vergessen. Wegen der Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen in ganz Bayern machen die Freien Wähler Landespolitik und kämpfen vor allem für eine bessere Finanzausstattung der Kommunen. Davon kann Bürgermeister Zimmermann ein Lied singen. Oberste Priorität für Zimmermann ist ein neues Rathaus. Denn im alten herrschen unzumutbare Bedingungen für Mitarbeiter und Besucher. Mit dem Pfarrhaus habe man nun ein Projekt an das Zimmermann fest glaubt. Auch Streibl und sein Forchheimer FW- Landtagskollege Thorsten Glauber sind begeistert von dieser Idee. So könne der Ortskern belebt und ein zentrales und historisches Gebäude gerettet werden. Mehr noch: Der herrliche Pfarrgarten wird der Öffentlichkeit zugänglich, die öffentlichen Toiletten können gleich mit saniert werden und es laufen schon Gespräche mit einem Privatinvestor für ein Fernwärmenetz mit einer Fernwärmeanlage bei der Schule bis zum Pfarrhaus. Damit kann man die Schule, alle kirchlichen Gebäude und sogar die gesamte Viktor-von-Scheffel –Straße mit Fernwärme versorgen. Noch ausbaufähig für Privathäuser im Ortskern. Für dies alles ist Kreativität und Unterstützung bei der Finanzierung gefragt, gibt Zimmermann beiden Abgeordneten mit auf den Weg. Ebenso beim Bau einer Mehrzweckturnhalle zusammen mit Obertrubach. Ein Thema, dass für Zimmermann an zweiter Stelle seiner Prioritätenliste steht. Denn nur mit einer modernen Zweifachturnhalle lasse sich auch der Mittelschulstandort im Forchheimer Oberland dauerhaft sichern. Mit 19 Sportklassen kommt auch nur eine Doppelturnhalle in Frage. „Wir sind die ärmste Kommune im Landkreis und leben teilweise von der Hand in den Mund“, so Zimmermann. Entscheidend ist allerdings die Frage, wie hoch die Förderung für eine 4 Millionen-Euro-Turnhalle ist. Nächstes Thema Breitband und Mobilfunk. Sogar im Hauptort gibt es noch kein flächendeckendes Mobilfunknetz. Es könne nicht sein das die Gemeinde selbst einen Mobilfunkmasten errichten soll, ohne zu wissen ob dann überhaupt ein Mobilfunkbetreiber auf den Mast aufschließt. Oder für die Ortsumgehung der Staatsstraße die Baulast übernimmt und selbst die Planungskosten trägt. Weiterhin bittet Zimmermann die Abgeordneten zu überlegen, wie man den neuen Besitzern der Burg helfen kann. Dringend nötig ist hier eine Substanzgrunduntersuchung um dann abwägen zu können ob sich eine Burgsanierung lohnt. Eine Bürgschaft für diese Kosten z u übernehmen ist für den Markt nicht möglich. „Wir sind Stabilisierungsgemeinde“, sagt Zimmermann. Doch die über 1000 Jahre alte Burg ist ortsbildprägend. Zimmermann bittet auch mit zu überlegen, welche Finanzierungsmöglichkeiten es für eine Sanierung des Bahnhofs Behringersmühle gäbe. Ein Entwicklungskonzept hier hat Kosten von 11 Millionen Euro errechnet. Noch viele Themen hat Zimmermann auf seiner Liste stehen. Von barrierefreien Bushaltestellen, dem Straßenunterhalt, der Facharztversorgung bis hin zur finanziellen Unterstützung von Flächengemeinden. Vieles macht Zimmermann in seiner Freizeit oft bis spät abends und am Wochenende in seinem Büro im Haus des Gastes. Vieles auch, was als Bürgermeister gar nicht seine Aufgabe wäre. Für all dies bräuchte man eigentlich einen Fachplaner. „Wir werden da schon alleine gelassen und in München kommt das nicht richtig an“, sagt Zimmermann.