Der Traum vom Klettercamp in Laos endet in Nankendorf
Von Thomas Weichert
NANKENDORF
Acht Jahre haben die begeisterten Kletterer Tanja und Uli Weidner aus Köln ein Klettercamp in Laos betrieben und dort Höhen und Tiefen erlebt. Zuletzt hat es sie krank gemacht. Ihre neue Heimat fanden die beiden nun in Nankendorf. Mit dem Klettercamp „Green Climbers Home“ haben sich die Weidners in Laos einen Traum erfüllt. Es brannte zweimal ab. Einmal ganz.
Tanja Weidner hat ein Buch mit dem Titel "Zwei Kartoffeln in Laos: Die Geschichte vom Green Climbers Home – oder der bittersüße Traum vom Auswandern" geschrieben, in dem sie über ihre Erlebnisse berichtet. Für die Laoten sind die Deutschen die Kartoffeln.
Auf einer Reise verliebten sich die gelernte Gymnastiklehrerin und der Schreiner in Laos in ein Klettergebiet und in eine Geschäftsidee: ein Klettercamp mit Bungalows und Restaurant. Tanja Weidner hatte zuvor schon in Deutschland ein Restaurant betrieben. Ihre gesamten Ersparnisse von rund 45 000 Euro steckten sie in den Aufbau ihres Camps, das zweimal abbrannte. Zuletzt konnten sie nicht mehr. Tanja Weidner bekam Schwindelattacken, ihr Mann stand vor dem Burnout. Es sei aber eine schöne aufregende Zeit gewesen, sagen die beiden Neu-Waischenfelder, die mittlerweile wieder lachen können und sehr glücklich in ihrer neuen Heimat sind. "Die Menschen hier sind alle sehr nett und besonders gut sind das Schroll-Bier und die Schäufele", sagt die 47-Jährige. Und natürlich die Landschaft mit den unzähligen Kletterfelsen. "Die Fränkische Schweiz ist eines der weltweit bekanntesten Klettergebiete. Deshalb zog es uns auch hierher." Die Gegend kannten sie schon von früher. Über ihre Erlebnisse als „Kartoffeln“ in Südostasien hat Tanja Weidner (v. r.) ein Buch geschrieben. Ehemann Uli war ihr Lektor. Nun leben sie in Nankendorf.
Tanja und Uli Weidner gingen schon zusammen zur Schule. Danach verloren sie sich aus den Augen, trafen sich 2009 beim Hobbyklettern wieder und heirateten. Seitdem waren sie mehrere Male in der Fränkischen Schweiz unterwegs. Als sie nach ihrer Rückkehr aus Laos ein Grundstück suchten, um darauf ihr neues Haus zu bauen, war klar: Es konnte nur in der Fränkischen Schweiz sein. Sie waren drei Wochen lang auf dem Campingplatz in Obertrubach und suchten Baugrund. In das Grundstück in Nankendorf hatten sie sich wegen der herrlichen Lage verliebt. Eine ihrer ersten Bekanntschaften war der damalige Bürgermeister Edmund Pirkelmann. Mittlerweile haben sie "unheimlich nette Leute" kennengelernt. Eine Nachbarin erzählte ihnen, dass Chinesen einziehen würden. "Ich musste laut lachen und würde zu gern wissen, an welcher Stelle der Flüsterpost wir von deutschen Rückkehrern aus Laos zu chinesischen Einwanderern wurden", sagt Tanja Weidner.
Ein Klettercamp aus dem Nichts Uli Weidner am Endgegner
Acht Jahre lang hatten sie zuvor in einem Tal in Laos gelebt, zwölf Kilometer von der nächsten Stadt entfernt, und dort ein Klettercamp betrieben. Das hatten sie aus dem Nichts aufgebaut. Gestartet waren sie als kraxelnde Backpacker auf Weltreise. Das Tal, das ihr Zuhause werden sollte, zog sie an, weil sie erfahren hatten, dass dort eine Klettergruppe aus Bamberg 50 Kletterrouten in den Fels gebohrt hatte. "Allein schon der Weg dorthin war atemberaubend. Sobald wir die Stadt Thakek hinter uns gelassen hatten, eröffnete sich ein traumhafter Blick auf eine Karstlandschaft mit sägezahnartigen, in der Morgensonne schimmernden Felsen. Wir verbrachten dort wundervolle Tage und schleichend kam dabei der Gedanke hoch: Könnten wir hier ein Klettercamp aufbauen?"
Ausländer dürfen in Laos jedoch nur mit einem einheimischen Partner eine Firma gründen. Mithilfe eines Bamberger Kletterers, der das Gebiet entdeckt hatte, fanden sie einen Laoten, der von ihrer Idee sofort begeistert war. Er stellte sie ein und arbeitete eine Art Vertrag aus. Er schob aber gleich nach, dass sie als Ausländer bei Streitigkeiten den Kürzeren ziehen würden. Es folgten schlaflose Nächte. "Die Ausgangslage war eigentlich gut: Mein Mann Uli und ich sind beide erfahrene Kletterer, er ist Schreiner, ich habe Betriebswirtschaftslehre studiert, früher eine Bar betrieben und besitze als Gymnastiklehrerin auch pädagogisch-didaktische Fähigkeiten. Und wir hatten nicht viel zu verlieren: Zwei Jobs, in denen wir weder Karriere machen wollten noch konnten, eine Mietwohnung, ein paar alte Möbel, ein uraltes Auto. Klar, Freunde und Familie wären weiter weg, aber ja nicht aus der Welt." Und weiter: "Wir stellten uns vor, was wäre, wenn wir das Angebot ausschlügen und waren uns schnell einig: Wir würden es ein Leben lang bereuen."
Und so fiel nur zwei Wochen nach ihrer Ankunft in Laos die Entscheidung: "Hierhin wandern wir aus", so Tanja Weidner. Mit elf laotischen Angestellten fingen sie an, zuletzt beschäftigten sie zwölf westliche Kletterführer und 30 Laoten.
Die erste Katastrophe ereignete sich an Silvester 2012: Die vermeintlichen Konfetti-Bomben entpuppten sich als Feuerwerkskörper und ihr Camp ging in Flammen auf. Die Flammen schlugen bis zu 30 Meter hoch. Innerhalb von einer Dreiviertelstunde vernichtete das Feuer alles, was sie in zwei Jahren aufgebaut hatten. "Der Brand war ein herber Rückschlag für uns. Physisch, psychisch und finanziell gerieten wir an unsere Grenzen. ,Ich kann nicht mehr‘, war einer unserer meist gesagten Sätze." Internationale Hilfe
Weltweit spendeten Kletterer für den Wiederaufbau des Camps Geld. Insgesamt kamen so 50 000 Dollar zusammen. Einen fünfstelligen Betrag bekamen sie von einem Freund aus Deutschland zinsfrei geliehen. Sie waren überwältigt. Weniger als drei Monate später stand das Haupthaus in optimierter Form wieder. Ausgerechnet am Eröffnungstag der Camp-Erweiterung gab es im Haupthaus einen neuen Brand, diesmal wohl ausgelöst durch einen Kurzschluss. Ihr gesamtes Hab und Gut ging zum zweiten Mal in Flammen auf, aber immerhin konnten die Bungalows gerettet werden. Die Weidners rappelten sich wieder auf. "Aber wir waren fertig, ausgelaugt, krank. Ich kämpfte mit einem Hörsturz und Schwindel, mein Mann hatte Hüft- und Rückenbeschwerden und litt an einer Depression. Wir sehnten uns nach Dingen, die in Deutschland alltäglich sind: windundurchlässige Wände, Räume ohne Krabbeltiere, ein Bett ohne Moskitonetz, Radiohören beim Frühstück. Schnelles Internet", erzählt die Neu-Nankendorferin. Sie beschlossen, den Anteil ihres Camps zu verkaufen und zurück nach Deutschland zu gehen. Kaufinteressenten gab es genug. Vor einem Jahr übergaben sie es.
Rund 8000 Kletterer aus aller Welt haben sie in ihrer Zeit in Laos beherbergt. "Die Szene kletternder Reisender ist relativ klein, an fast jedem Kletterspot treffen wir jemanden, der schon mal bei uns war oder jemanden kennt, der uns besucht hat. Das ist ein tolles Gefühl." In Waischenfeld würden sie nun gerne daran anknüpfen und ein kleines Klettercamp mit umgebauten Gartenhütten eröffnen. Ein erstes Gespräch mit Bürgermeister Thomas Thiem fand dazu schon statt.