Die Nürnberger Malteser hatten den Auftrag, die deutschen Nationalspieler im Falle einer Verletzung beim Training medizinisch zu versorgen. Ein Mann namens Müller stand nicht nur in den Reihen „der Mannschaft“.
Ein Gastbeitrag von Adrian Grodel
Herzogenaurach/Nürnberg.
Eine gewisse Leidenschaft für den Fußball empfindet Richard Müller noch immer, auch wenn seine aktive Zeit im Verein bereits vorbei ist. Mal in der Freizeit mit ein paar Jungs gegen den Ball treten – mehr ist einfach nicht drin. Fünf- bis sechsmal in der Woche Schichtdienst als hauptamtlicher Rettungssanitäter bei den Maltesern in Nürnberg, dazu ehrenamtlich im Einsatzdienst unterwegs: Das fordert seinen Tribut. Umso mehr hatte sich der 23-jährige Mittelfranke über diese frohe Kunde Anfang Juni gefreut: Die Malteser sollen für den Trainingsbetrieb der deutschen Fußball-Nationalmannschaft im Herzogenauracher EM-Camp den Sanitätsdienst stellen.
Einsatzleiterin Simone Hereth (r.) und Richard Müller machten sich im Krankentransportwagen auf den Weg von der Wache in Nürnberg nach Herzogenaurach. Foto: Adrian Grodel / Malteser
„Das war für uns ein Premiumauftrag, den wir wegen unserer guten Referenzen beim DFB-Sponsor Adidas bekommen haben“, betont Simone Hereth. Sie ist stellvertretende Leiterin des Sanitätsdienstes in Nürnberg und verantwortlich für die Koordination mit dem Deutschen Fußballbund (DFB) und dem europäischen Fußballverband (Uefa). Ihr Team, das insgesamt aus zehn Maltesern bestand, sollte die Erstversorgung leisten, falls sich ein Nationalspieler im Training verletzt hätte. Somit hieß es: tägliche Einsätze während der Trainingszeiten bis auf die drei Vorrunden-Spieltage der DFB-Elf in München gegen Frankreich, Portugal und Ungarn sowie den Achtelfinal-Klassiker gegen England im Wembley-Stadion.
„Cool war natürlich, das Training live am Spielfeldrand mitverfolgen zu dürfen“, sagt Richard Müller. Auch wenn die ersten drei Tage „die Hölle wegen der Hitze“ gewesen seien. Die Sanitäter waren stets in einem Zweierteam und mit Feldtrage sowie Rucksack unterwegs und hatten ihren Platz auf der Tribüne der kleinen Arena auf dem Adidas-Gelände. Der Krankentransportwagen stand für den Fall der Fälle vor dem Stadion. Als positiv hat er empfunden, dass sich die meisten Nationalspieler sehr umgänglich gezeigt hätten. „Die kamen immer auf ihren Fahrrädern zum Training geradelt. Die meisten haben uns registriert und freundlich gegrüßt“, erinnert sich Müller.
Und wie war das Training der Topstars? „Ganz ehrlich: Vom Aufbau und den Übungen hat sich das nicht sehr unterschieden vom Amateurfußball, von den Leistungen natürlich schon“, sagt der 23-Jährige und lacht dabei. Und noch etwas ist ihm aufgefallen: „Im Vergleich zum Fernsehen wirken die auf dem Feld alle so winzig.“ Die ersten vier Einsatztage haben den Maltesern aus Nürnberg sehr viel Spaß gemacht: nah dran, viel mitbekommen, Tuchfühlung mit den Stars. Richard Müller über seinen Namensvetter Thomas im DFB-Team: „Er ist nicht nur der Lautsprecher, sondern tatsächlich ein wichtiger Charakter für die Mannschaft.“ Ganz anders der sich inzwischen im Ruhestand befindliche Bundestrainer Joachim Löw: „Der ist eher ein ruhiger Typ. So ruhig, dass ich ihn einmal gar nicht bemerkt und fast umgerannt hätte.“
Während der Zeit im Herzogenauracher Camp hat sich glücklicherweise kein Nationalspieler so schwer verletzt, dass die Malteser Hilfe leisten mussten. Zu zwei Einsätzen kam es für Richard Müller & Co allerdings doch: „Wir haben zwei Journalisten behandelt, einer von ihnen war vom E-Scooter gefallen und hatte sich Schürfwunden zugezogen“, erzählt Müller.
Dann war auch plötzlich Schluss mit der Bereitschaft direkt am Spielfeldrand – was allerdings nicht an den Maltesern lag. Um die größtmögliche Konzentration und bestmögliche Vorbereitung auf die anstehenden Spiele sicherzustellen, gab der DFB nach vier Tagen die Order aus: so wenig Personen wie möglich unmittelbar am Trainingsplatz. Das galt für das DFB-eigene Team hinter dem Team ebenso wie für die akkreditierten Journalisten. Und auch für Simone Hereth und ihr Team hatte das zur Folge, dass sie ab sofort vor der Arena im Krankentransportwagen auf mögliche Sanitätseinsätze warteten. „Mit der Mannschaft hatten wir am Ende also nur noch relativ wenig zu tun. Das war schon schade“, sagt Hereth. Sie ist aber glücklich, dass die Verantwortlichen von DFB und Uefa mit der Arbeit der Malteser zufrieden waren. „Sehr gerne auch ein nächstes Mal“, habe ihr der Uefa-Funktionär nach den Tagen in Herzogenaurach mitgeteilt. 2024 wäre bei der Europameisterschaft in Deutschland Gelegenheit dazu. Dann allerdings, hofft sie, ist beim viermaligen Weltmeister nicht schon im Achtelfinale Schluss.
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