Der Dialog mit den asiatischen Religionen 50 Jahre nach Nostra Aetate - Impulse einer Reise der KEB im Erzbistum Bamberg nach Indien
Von Thomas Weichert
GÖSSWEINSTEIN
Sehr interessant aber leider nur mäßig besucht war ein Vortrag von Helmut Hof, Leiter der katholischen Erwachsenenbildung Forchheim im Rahmen der Vorträge des Wallfahrtsmuseums Gößweinstein im Pfarrzentrum zum Thema Südindien und der Begegnung der Religionen dort. Ende Dezember 2013 machten sich 21 Personen auf den Weg nach Indien, genauer nach Kerala und Tamil Nadu. Die Reise stand unter dem Motto: „Lern- und Begegnungsreise in den Süden Indiens – Begegnung mit östlicher Spiritualität“. Diese Reise fand statt im Rahmen unseres diözesanen Schwerpunktes „Wege in die Zukunft – 50 Jahre II. Vatikanisches Konzil“ statt.
Vor allem „Nostra Aetate“, die „Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen“ stand im Hintergrund. So widmete sich die Reise nicht wie viele andere kirchliche Reisen nach Südindien primär dem indischen Christentum, sondern setzte auch einen Schwerpunkt auf die Begegnung mit dem Hinduismus. Zur intensiven inhaltlichen Vorbereitung dienten zwei Studientage die theologischen und interreligiösen Fragen gewidmet waren. Neben einer Einführung in den traditionellen und den modernen Hinduismus bildeten Konzilstexte und die weitere Entwicklung einen Schwerpunkt. Deutlich wurde dabei, dass die weitere Entwicklung in der Römisch-Katholischen Kirche ambivalent ist.
Dialog der Religionen
Auf der einen Seite das Weltgebetstreffen für den Frieden in Assisi 1986 und die Apostolische Verlautbarung „Dialog und Verkündigung“ im Jahr 1991. Auf der anderen Seite zum Beispiel „Dominus Jesus“ im Jahr 2000, wo sich Sätze finden wie: Wenn es auch wahr ist, dass die Nichtchristen die göttliche Gnade empfangen können, so ist doch gewiss, dass sie sich objektiv in einer schwer defizitären Situation befinden im Vergleich zu jenen, die in der Kirche die Fülle der Heilsmittel besitzen. „Doch mit einem echten, angstfrei geführten Dialog stehen alle Religionen immer noch am Anfang“, so Hof. Legendär führt sich das indische Christentum auf den Apostel Thomas zurück. Es entstanden verschiedene Kirchen, die Formen eines inkulturierten Glaubens lebten. Durch portugiesische Kapuziner wurden diese Kirchen aber im 18. Jahrhundert zwangslatinisert, eine Wunde, die bis heute in Indien nachwirkt. Nach dem Konzil gab es wieder eine gewisse Öffnung, aber auch hier wirkte sich „Dominus Jesus“ verheerend aus. In Changanacherry begegnete die Reisegruppe der Syro-Malabarischen Kirche, hatte Gespräche, erlebte ihre Liturgie. Aus dieser Diözese kommen zahlreiche Priester, die in der Erzdiözese Bamberg ihren Dienst tun.
Kirchlich-kulturelle Kluft
„Bei aller Herzlichkeit, mit der wir aufgenommen wurden, spürten wir aber auch die kirchlich-kulturelle Kluft, die zwischen uns besteht und die die pastorale Zusammenarbeit hier bei uns trotz bester Absichten aller oft schwer belastet“, so Hof. Bedeutsam waren für alle Teilnehmer die Tage bei Pater Sebastian Painadath, einem indischen Jesuiten, in seinem Sameeksha Ashram in Kalady. Dieses geistliche Zentrum widmet sich besonders dem Dialog mit dem Hinduismus und seiner Spiritualität. Pater Sebastian, der oft auch in Deutschland auf Einladung von Missio Kurse hält, gab den Teilnehmern einen Orientierungsrahmen. Er sprach von zwei Grundausrichtungen in den Religionen: der prophetischen und der mystischen. In den prophetischen Traditionen wird Gott als Du, als personales Gegenüber verstanden, mit dem uns das Wort verbindet. Die mystische Tradition hingegen sucht eher die Erfahrung der Einswerdung mit dem Göttlichen, was in Stille und Schweigen geschieht.
Reichtum der Religionen
Entscheidend sei, so Hof, beides nicht mit einem Entweder-Oder gegeneinander auszuspielen, sondern als den Reichtum der Religionen zu begreifen. Sehr eindrucksvoll war für der nächtliche Gottesdienst zum Jahresende mit Pater Sebastian. Eine schlichte, innige Liturgie mit indischen Elementen. Auf Vermittlung von Pater Sebastian hatte die Gruppe ein Gespräch mit einem Mönch der Ramakrishna-Mission in Kalady. Diese Bewegung geht auf den Hindu-Heiligen Ramakrishna (1836-1886) zurück. Dieser verkörperte in seiner Person auf einmalige Weise die Erfahrung, dass nicht nur alle Wege des Hinduismus, sondern alle Religionen zu Gott führen. In Tiruvanamallai zu Füßen des heiligen Berges Arunachala verbrachten die Teilnehmer dann einen halben Tag im Ashram von Ramana Maharshi (1879 – 1950), einem der bedeutendsten Hindu-Heiligen des 20. Jahrhunderts, der auch viele westliche Sucher anzog.
Vom politischen Freiheitskämpfer zum Yogi
Schließlich führte die Reise nach Puducherry und in die Stadt Auroville. Puducherry, ehemals französische Enklave, ist heute stark geprägt von Werk und Person Sri Aurobindos (1872 – 1950). Aurobindo wandelte sich vom politischen Freiheitskämpfer zum Yogi, der die letzten 40 Jahre in weitgehender Zurückgezogenheit in seinem Ashram verbrachte. Ein Leben des Menschen in Gott und ein göttliches Leben des Geistes in der Menschheit, das ist das Prinzip und das ganze Ziel eines integralen Yoga.“ Heute leben an diesem Ort, der unter der Schirmherrschaft der UNESCO steht, etwa 2200 Menschen. Konzipiert ist die Stadt für 50.000 Einwohner. „Was von dieser Reise bleibt, ist eine Wertschätzung für ein fremdes Land, seine Menschen, seine Kultur und Religionen. Mancher Teilnehmer wurde nachdenklich, ob das christliche Europa mit seinen Kunstschätzen wirklich allein die kulturelle Spitze der Menschheit darstellt“, so Hof.
Bild 1: Straßenszene in Madurai Bild 2: Betende Hindus in einem Shiva-Tempel Bild 3: Ausschnitt der Tempelfassade des Meenakshi-Tempels in Madurai Bild 4: Vorne liegend Helmut Hof, dahinter die Reisegruppe in Indien Bild 5: Silvestereucharestiefeier mit Pater Sebastian mit indischen Elementen