Paukenschlag am Allerheiligentag: Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick hat heute seinen Rücktritt erklärt und der Papst hat den Amtsverzicht angenommen.
Von Thomas Weichert
Fränkische Schweiz/Bamberg
Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick ist am heutigen Allerheiligentag zurückgetreten.
In einer Privataudienz im April habe er dem Papst seinen Rücktritt angeboten, so Schick in einem Brief an die Menschen im Erzbistum. Die Demission wurde nun angenommen. Rücktritt aus „Vernunft und Verantwortung“
Die Entscheidung vom Amtsverzicht des Bamberger Erzbischofs ist am Dienstag zeitgleich in Rom und in Bamberg veröffentlicht worden. Ludwig Schick teilt mit, „Vernunft und Verantwortung“ hätten ihn bereits im ersten Quartal dieses Jahres zu der Überzeugung gelangen lassen, bevorstehende wichtige Entscheidungen und Weichenstellungen im Erzbistum Bamberg einem jüngeren Nachfolger zu überlassen. 20 Jahre Erzbischof von Bamberg
Vor gut 20 Jahren, am 21. September 2002, wurde Schick in das Amt als Erzbischof von Bamberg eingeführt. Schick habe die Bistumsleitung in einer Zeit der finanziellen Krise übernommen, die schwere Entscheidungen nötig machte, teilt Harry Luck, Leiter der Pressestelle des Erzbischöflichen Ordinariates mit.
In seiner Amtszeit wurde die Partnerschaft mit dem Bistum Thiès im Senegal aufgebaut. Jetzt sehe Schick seine Arbeit als abgeschlossen und trete, wie seine drei Vorgänger, vorzeitig in den Ruhestand.
Für Lockerung bei Zölibat
Ludwig Schick hatte Lockerungen beim Zölibat vorgeschlagen und sich für die völlige Gleichberechtigung der Frau in der Kirche ausgesprochen.
Mit seinem Einsatz gegen Extremisten, Populisten und religiöse Fanatiker hat Schick sich viele Feinde im rechten Lager gemacht. Schon 2014 sagte er, dass Christen sich nicht an fremdenfeindlichen Pegida-Demonstrationen beteiligen sollten. 2016 sagte er in einer Diskussionsrunde, dass laut Grundgesetz auch ein Moslem Bundespräsident werden könnte. Die Erwähnung dieser juristischen Selbstverständlichkeit führte zu üblen Beschimpfungen bis zu Todesdrohungen aus der rechten Szene.
Von 2006 bis 2021 war Schick Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz und galt damit als eine Art „Außenminister“ der katholischen Kirche in Deutschland. Der erste katholische Bischof auf Twitter
2012 war Schick der erste katholische deutsche Bischof auf Twitter. Er bedient seine Facebookseite mit Tablet und Smartphone selbst und nutzt die Social-Media-Kanäle, um seine Botschaften zu verbreiten und mit Menschen in Kontakt zu sein. Als das Erzbistum in diesem Jahr einen TikTok-Kanal startete, ließ er die Follower an seinen Seilspring-Künsten teilhaben: Über 180.000 Aufrufe erzielte dieses Video inzwischen. Schick ist überzeugt: „Jesus würde heute twittern.“ Und auf die Frage, was er am liebsten erfunden hätte, antwortete er: „Twitter“. Früher hatte er auch mal eine Freundin
In einem Fragebogen verriet er auch, dass er vor dem Eintritt ins Priesterseminar ein leidenschaftlicher Tänzer war, dass sein miesester Auftritt seine Abirede war, er vom Kuchenbacken überhaupt nichts versteht und er seit der Entscheidung für den Zölibat nicht mehr geflirtet hat. Er macht kein Geheimnis daraus, dass er vor der Entscheidung für das Priestertum eine Freundin hatte und dass er ursprünglich Arzt werden wollte.
„Irgendwann war dann der Entschluss reif: Du wirst Pfarrer und trägst dazu bei, den Menschen die Weisheit Gottes aus dem Evangelium nahezubringen. So habe ich mich entschlossen, Priester zu werden.“
Einst Weihbischof in Fulda
Seine philosophisch-theologischen Studien absolvierte Schick in Fulda und Würzburg. 1975 wurde er in Fulda zum Priester geweiht und war dann Kaplan in Neuhof (Kreis Fulda). Fünf Jahre später promovierte er an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom. Von 1981 an lehrte Schick in Fulda und in Marburg Kirchenrecht, von 1985 bis 2002 war er Lehrstuhlinhaber für Kirchenrecht an der Theologischen Fakultät Fulda.
1987 wurde Schick ins Domkapitel von Fulda berufen, drei Jahre später folgte die Ernennung zum stellvertretenden Generalvikar. Bischof Johannes Dyba ernannte Schick 1995 zum Generalvikar des Bistums Fulda. Es folgte 1998 die Ernennung zum Weihbischof von Fulda durch Papst Johannes Paul II. 2002 wurde er zum Erzbischof von Bamberg ernannt.
25 Mal das Goldene Sportabzeichen
Dass er schon 25 Mal das Goldene Sportabzeichen ablegte und jeden Morgen um 5 Uhr zum Joggen geht, zeige, dass seine Gesundheit nicht der Grund für den Rücktritt war, heißt es in der Mitteilung. Laufen und Schwimmen seien heute seine bevorzugten Sportarten, während er in früheren Jahren den Ausgleich beim Fußball, Volleyball oder im Kampfsport gefunden hat.
In den letzten Monaten seiner Amtszeit musste Schick sich auch verstärkt mit der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen befassen. Jeder Fall habe ihn tief erschüttert, betonte er und räumte auch Kommunikationsfehler der Bistumsleitung in den vergangenen Jahrzehnten ein. Missbrauch sei Mord an Kinderseelen. Zuletzt stand Schick wegen des Missbrauchsskandals in Wallenfels (Kreis Kronach) unter Druck. Ludwig Schick bleibt in Bamberg
Seinen Ruhestand möchte Schick am Bamberger Domberg verbringen. Seine für die nächsten Monate zugesagten Aufgaben will er gerne auch als „Emeritus“ erfüllen. Und wenn es dann seine gewonnene Zeit erlaubt, möchte er noch ein Buch schreiben. Den Titel dafür hat er zumindest schon im Kopf.
Zitat von Thomas im Beitrag #2Dazu nun auch mein persönliches Schreiben an Erzbischof Ludwig Schick, das ich ihm soeben übermittelt habe:
Sehr geehrte Exzellenz, lieber Erzbischof Prof. Dr. Ludwig Schick,
Ihr vorzeitiger Rücktritt als Erzbischof von Bamberg hat mich am Allerheiligentag überraschst. Nicht sonderlich – aber doch.
Ich habe Sie in den letzten 20 Jahren als freier Journalist vor allem in der Fränkischen Schweiz für zahlreiche Medien begleitet und über ihre Gottesdienste als Christ und Mitglied unserer römisch-katholischen Kirche berichtet. Ob für den Nordbayerischen Kurier, die Nordbayerischen Nachrichten, den Fränkischen Tag, den Neuen Wiesentboten, für mein eigenes Forum „Der Freunde der Fränkischen Schweiz“ und auch für die Kirchenzeitung des Erzbistums Bamberg, das Heinrichsblatt.
Ich habe Sie bei all diesen Terminen, und es waren unzählige, schätzen und sogar lieben gelernt. Weil sie nie abgehoben, nie unnahbar waren, auf die Menschen zugegangen sind, ihre Sorgen und Nöte angehört haben und noch dazu immer Ihren Humor behalten haben. Sie waren auch mein Pfarrer, mein Seelsorger, der immer menschlich war, nie abgehoben und mit dem man immer reden konnte, wenn wir uns trafen. Sie sind ein Mensch, dem menschliches nicht fremd ist. So stelle ich mir einen Pfarrer, einen Bischof vor. Mit dem man ganz normal reden kann, auch wenn man unterschiedlicher Auffassungen ist.
Sie hatten es nicht leicht während Ihrer Amtszeit. Sie mussten ungeliebte Reformen angehen, viele Vorwürfe deshalb aushalten und wurden zuletzt noch mit einem Missbrauchsfall in Ihrem Bistum konfrontiert, für den Sie nichts können.
Sie waren all die Jahre ein guter „Oberhirte“, den ich immer bewundert habe. Weil Sie volksnah und menschlich waren.
Ich hoffe, Sie bleiben uns dennoch erhalten und in Bamberg und halten bei uns weiterhin Gottesdienste.
Für Ihren wohlverdienten Ruhestand wünsche ich Ihnen alles erdenklich Gute. Bleiben Sie gesund und genießen Sie weiterhin Ihr Leben.
Mit besten Grüßen
Ihr
Thomas Weichert Freier Journalist Hammermühle 1 91344 Waischenfeld Telefon: 09202/970880