Schon seit vier Wochen ist „ganz Kohlstein“ im Faschingsfieber. Wobei die Betonung auf „ganz“ liegt, denn die faschingsbegeisterten Kohlsteiner von jung bis alt bauen diesmal was ganz Großes zu den Faschingsumzügen in Gößweinstein am Faschingssonntag und in Pottenstein am Faschingsdienstag. Nur so viel sei verraten: Es wird so was Ähnliches wie „das Dorf der Unbezwingbaren“ das insgesamt mit mehreren Faschingswägen und Fußgruppen etwa 50 Meter lang wird. Und dann gibt es noch einen Überraschungswagen der von einem Ochsen gezogen wird, denn die Schwarz-Gelben-Jecken aus Kohlstein feiern in diesem Jahr ihr 40-jähriges Faschingswagenbau-Jubiläum. Fotos von gestern und heute. Fotos: Thomas Weichert
Kürzlich erhielten sie beim Ehrungsabend des Marktes Gößweinstein eine Ehrenurkunde für ihre 40-jährige Teilnahme am Gößweinsteiner Faschingsumzug auf der zu lesen ist das die Wägen der Kohlsteiner jedes Jahr bis zum Schluss ein gut gehütetes Geheimnis ist und sie selbst eine großartige Bereicherung des Gößweinsteiner Faschingsumzugs sind. Auch das Bayerische Fernsehen hat bereits über die Jecken aus Kohlstein berichtet. Ein Faschingsumzug ohne die Kohlsteiner ist eigentlich undenkbar und viele der Schaulustigen die zu den Umzügen kommen, kommen hauptsächlich wegen den Kohlsteinern. Letztes Jahr wurden in Gößweinstein beim Faschingsumzug rund 13.000 Besucher gezählt, was der bisherige absolute Besucherrekord war. Der Faschingsumzug in Gößweinstein ist vor allem auch Dank der Kohlsteiner Narren zu einer Großveranstaltung und zum größten seiner Art in der Fränkischen Schweiz geworden. Vom Faschingsfieber der Kohlsteiner leisen sich auch immer mehr Vereine und Ortsgemeinschaften anstecken die inzwischen auch herrliche und fantasievolle Faschingswägen bauen oder große Fußgruppen stellen. So waren es letztes Jahr mehr als 40 Gruppen aus 32 Vereinen mit über 1000 Narren aus der gesamten Region mit phantasievollen Motivwägen und in kreativen bunten Kostümen. Was Köln im Rheinland ist, ist Gößweinstein in der Fränkischen Schweiz. Angefangen hat wie üblich alles ganz klein. Auch für die Kohlsteiner vor 40 Jahren als sie erstmals am Faschingsumzug in Gößweinstein mit damals sechs Wägelchen teilnahmen. Die Zeitung berichtete damals von einem Gaudiwürmchen das sich durch den Wallfahrtsort schlängelte. Mit dabei erstmals die Kohlsteiner die das im Bau befindliche Hallenbad schon fertig gebaut hatten mit dem sie durch Gößweinstein fuhren. „Wir haben damals schon vorausgesehen das es viel zu teuer kommt und auf Dauer nicht betrieben werden kann“, sagt Lothar Held der damals Ortsführer war und noch heute der Motor des Kohlsteiner Faschingswagenbaues ist. Eigentlich wollte Held letztes Jahr aufhören, da er schon 70 ist. Nach wie vor läuft aber alles über ihn. Von der kleinsten Schraube bis zum größten Traktor, damals ein kleiner Fendt mit 24 PS, heute ein großer Deutz mit 160 PS. Viele spenden inzwischen auch Material. Vom Jagdpächter bis hin zu verschiedenen Firmen. In den Wägen der Kohlsteiner steckt immer viel Technik. Da bestellt Held schon mal eine Rauchmaschine in Berlin die er bei seinen Recherchen im Internet gefunden hat. Die brauchte man erstmals im Jahr 1985 für den spektakulären Lindwurm unter dem 12 Leute steckten und der 16 Meter lang war. Für diesen Lindwurm wurde ein schwarz-gelbes Tuch spendiert und seitdem heißen die Narren auch „Schwarz-Gelb Kohlstein“, wie der vor zehn Jahren gegründete gleichnamige Ortsverein. Begonnen mit dem Wagebau hat in Kohlstein eigentlich alles schon viel früher. Nämlich im Jahr 1975 bei dem großen Umzug zur 900-Jahrfeier in Gößweinstein zu dem die Kohlsteiner zwei Wägen bauten. Auf einem stand ein Backofen in dem während des Umzugs Brot gebacken wurde, der andere stellte die Rock`nstube dar mit Steinklopfen und Klöppern. Als "klöppern" wird das "Eierratschen" bezeichnet. Dann beteiligten sich die Kohlsteiner auch an Heimattagen der Fränkischen Schweiz mit Motivwägen und die Planung für den ersten Faschingswagen begann 1979. Männer der ersten Stunde waren Lothar Held, Anton Endres und Rüdiger Klose die noch heute mit Leidenschaft dabei sind und Edmund Rost, der leider schon verstorben ist. Im ersten Jahr gab es auch noch zwei Faschingsgruppen in Kohlstein, denn aus dem Gasthaus Hannberger fuhr neben dem Hallenbad auch die Rock`nstube mit dem Spruch „Jeder spinnt auf seine Weise, der eine laut, der andere leise.“ Der Wirt Jakob Hannberger, der auch heute noch dabei ist, spielte damals den Bürgermeister. Auch Tüchersfelder machten da noch mit. Von Jahr zu Jahr wurden die Wägen der Kohlsteiner dann origineller, technisch ausgereifter und vor allem immer größer. Die größte Gruppe mit 75 Narren stellten die Kohlsteiner 1989 mit ihrem „Märchenland“ und im Jahr zuvor rollte der „Atommülltransport“ durch Gößweinstein. Mit Kerstin Held und Florian Endres und mit Birgit Wolf und Klaus Marsching hatten die Kohlsteiner in diesen Jahren sogar ein Kinderprinzenpaar und einen ganzen Elferrat. Das bisher allerlängste Gefährt mit 22 Metern war der Dinosaurier im Jahr 2015. Der war vier Meter länger als die Concorde im Jahr 2009. Ein riesiges Piratenschiff fuhr 2001 durch die Straßen in Gößweinstein und Pottenstein und wäre auf der B 470 auf dem Weg zum Faschingsumzug nach Pottenstein beinahe mit einem Lastwagen kollidiert, weil der LKW-Fahrer mächtig erschrak als ihm in der Mooshäuschenkurve ein Schiff entgegen kam. Riesig war auch die Breitbandschnecke im Jahr 2018 mit der die Kohlsteiner die lahme Internetverbindung auf die Schippe nahmen. Im Jahr zuvor flog eine riesige Hexe auf ihrem Besen durch die Faschingshochburg und 2006 erschreckte ein riesiger feuerspeiender Drache die Menschen am Straßenrand, der ebenso ein Wunderwerk der Technik war wie der Techno-Wolperdinger 1994 oder das Raumschiff im Jahr zuvor mit dem die Bürgermeister aus Gößweinstein und Pottenstein ins All geschossen wurden. Das Dorf der Schlümpfe, Star Wars oder die „Euro-Dollar-Schmiede“ waren genauso originelle Ideen wie letztes Jahr die Kohlstaa Alm samt Schneeberg mit Skischaukel. Um Einfälle und Ideen sind die Kohlsteiner nie verlegen. Heuer gab es im Dorfverein gleich sieben verschiedene Vorschläge. „Da musste dann mehrmals abgestimmt werden was wir heuer machen“, sagt Lothar Held. Und damit sind dann auch alle zufrieden und packen tatkräftig mit an beim Wagenbau. Man kann also am kommenden Sonntag schon sehr gespannt sein was sich die Kohlsteiner zu ihrem 40-jährigen Jubiläum haben einfallen lassen.