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Auflagen beim Faschingsumzug in Gößweinstein werden immer mehr und kurioser - Kohlsteiner bauen wieder riesigen Motivwagen
Auflagen beim Faschingsumzug in Gößweinstein werden immer mehr und kurioser - Kohlsteiner bauen wieder riesigen Motivwagen
Von Thomas Weichert
GÖSSWEINSTEIN/KOHLSTEIN
Schon seit vier Samstagen bauen die 17 Wagenbauer des Ortsvereins Schwarz-Gelb in dem faschingsverrückten Jurahochdörfchen Kohlstein an ihren riesigen Motivwagen der beim größten Faschingsumzug der Fränkischen Schweiz am Faschingssonntag in der Narrenhochburg Gößweinstein mit Sicherheit wieder einer der spektakulärsten Gefährte sein wird. Vielleicht heuer zum letzten mal, da die Vorschriften und Auflagen immer mehr werden und so eigentlich gar nicht einzuhalten sind.
Was bauen die Kohlsteiner denn da ? Fotos: Thomas Weichert
Initiator und Ortsführer Lothar Held wird heuer 70 Jahre alt. „Wahrscheinlich ist es für mich als Verantwortlichen der letzte Faschingsumzug“, sagt Held. Und das nicht nur wegen Altersgründen, sondern weil die Auflagen der Gemeinde immer strenger, aber auch immer kurioser werden. „Wenn die Vorschriften noch weiter verschärft werden müssen wir uns schon überlegen, ob wir mit einem Fahrzeug beim Faschingsumzug in Gößweinstein überhaupt noch teilnehmen“, so Held. Denn der Verantwortliche einer jeden Gruppe, der diese Vorschriften auch unterschreiben muss, könnte, wenn was passiert, dann zur Rechenschaft gezogen werden. Eine neue Auflage ist zum Beispiel das zur Vermeidung von Unfällen während des Umzugs neben jedem Rad des Wagens eine volljährige und nüchterne Begleitperson mit Warnweste herlaufen muss. Außerdem braucht man auf jedem Wagen noch eine Sicherheitsperson die aufpasst das der Wagen nicht umkippt. Und man bräuchte auch noch einen Statiker der berechnet wie viele Leute auf den Wagen dürfen und wie viele davon auf einer Seite sein dürfen.
Fehlt nur noch das sich die Narren anschnallen müssen !
Der Statiker muss während des Umzugs quasi die Lastenverteilung auf den Wägen überwachen. Weil die Kohlsteiner heuer drei Fahrzeuge haben die insgesamt 12 Räder haben brauchen sie 14 geschulte Sicherheitspersonen mit Warnwesten. Und diese wegbegleitenden Sicherheitspersonen müssen dann auch noch von einer ebenfalls nüchternen und volljährigen Aufsichtsperson auf ihre Einsatztauglichkeit hin ständig überprüft werden. Kurios auch diese neue Vorschrift: „Die Personen auf den Wägen sind durch eine Brüstung mit einer Mindesthöhe von 1,20 Metern in ausreichender Stärke vor Herabfallen zu sichern.“ Kinder können dann überhaupt nicht mehr aus dem Wagen rausschauen“, wundert sich Lothar Held der selbst Sicherheitsbeauftragter ist und der eine Brüstungshöhe von einem Meter für völlig ausreichend hält. Neu ist auch das für jede Person auf dem Wagen auch noch eine Sitzfläche vorhanden sein muss die rutschfest mit dem Fahrzeug verbunden ist. Man stelle sich nun vor, alle auf einem Faschingswagen müssen sitzen und die Brüstung ist 1,20 Meter hoch, dann würden die Zuschauer niemanden mehr auf dem Wagen sehen. „Fehlt nur noch, das auch noch alle angeschnallt sein müssen“, sagt Lothar Held. Vier Seiten Vorschriften und ein Merkblatt hat der Dorfverein Schwarz-Gelb Kohlestein heuer von der Gemeinde Gößweinstein bekommen. Eine dieser Vorschriften regelt auch wie die Bonbons von den Wägen ins Publikum abgeworfen werden dürfen. „Wer kann das alles einhalten ?“ Fragt sich Held und meint, dass es dann kein Wunder ist, dass so mancher die Lust verliert einen Faschingswagen zu bauen oder überhaupt noch am Faschingsumzug teilzunehmen. Die Kleingeseer wollen heuer daher auch nur mit einer Fußgruppe kommen und die Hühnerloher wollen nach Helds Informationen auch keinen Wagen mehr bauen. Zum Glück müssen die Wägen noch nicht vom TÜV abgenommen werden. Wenn das auch noch kommt, gibt es keinen Faschingsumzug mit Faschingswägen mehr, ist sich Held sicher. Dann vielleicht nur noch Fußgruppen.
Pottenstein noch nicht so streng
In Pottenstein ist das noch anders. Da bekommt man vor dem Umzug nur ein Merkblatt mit den wichtigsten Informationen. „Wir werden heuer auf jeden Fall die vorgeschriebenen Maße unserer Wägen einhalten“, betont Held. Und zwar darf ein Wagen nicht breiter sein als 2,55 Meter und nicht länger als 18 Meter. Vorschriften hin oder her, heuer werden sich die Kohlsteiner ihre Freude am Wagenbau und dem Faschingsumzug jedenfalls nicht vergällen lassen. Was es heuer für ein Motivwagen wird, verrät Held natürlich noch nicht. Als kleiner Tipp: Es hat was mit einer Pistengaudi zu tun. Bis die drei Wägen fertig sind ist jede Menge Material verbaut. Mindestens vier Kubikmeter Bretter und Balken, über 5000 Schrauben, Farbe, Planen und vieles mehr. Für die Technik an Bord sorgen zwei starke Stromaggregate. Über 1000 Euro investiert der Dorfverein auch heuer wieder in das Material für die Wägen und für Bonbons und anderes Auswurfmaterial. Rund 50 verkleidete Kohlsteiner, von jung bis alt, werden am Faschingssonntag die Narrenhochburg Gößweinstein wieder stürmen. Der älteste Wagenbauer ist übrigens der ehemalige Marktgemeinderat Rüdiger Klose mit 81 Jahren.
Sie mögen ja irgendwie Recht haben, unsere lieben Kohlsteiner Narren, mit ihrem hohen Engagement beim Wagenbau und dem stets mit Abstand größten Gefährt der letzten Jahre. Was allerdings völlig verdreht rüberkommt ist die Schuldzuweisung an den Markt Gößweinstein. Da wurde im Bericht aber sowas von völlig ignoriert, dass diese Auflagen die Marktgemeinde vom Landratsamt Forchheim erhalten und keineswegs selber "verzapft" hat. Das wurde zwar deutlich in einer Besprechung dargelegt, aber irgendwie kam die Info wohl nicht richtig an. Würde die Marktgemeinde Gößweinstein nicht derart voll hinter dem Umzug stehen, gäbe es ihn inzwischen wohl nicht mehr, weil keiner diese Verantwortung und auch diese Kosten stemmen könnte. Es stimmt tatsächlich, dass sich im Vergleich zu den Gößweinsteiner Auflagen das Pottensteiner Merkblatt zum Umzug wie eine Gottesdienstordnung liest. Man darf halt nicht vergessen, wie groß der Umzug in Gößweinstein mittlerweile geworden ist und wie groß er im Vergleich dazu in Pottenstein aktuell ist. Das gleiche gilt für die Besucherzahl bei den Umzügen. Fraglich ist auch, ob man mit aller Gewalt die Geister auch hier rufen muss, die man dann nicht mehr loswird. Vielleicht sollte man vor dem reden doch etwas weiter denken!! Fakt ist, dass diese immer höheren Auflagen sicher nicht motivationsfördernd sind. Aber bei aller Gaudi: Sicherheit geht vor und muss sein, gerade auch im Fasching bei den Umzügen. Bisher hatten wir stets Glück und alles ist problemlos verlaufen. Das soll so auch bleiben. Ich wünsche euch bei den Umzügen nur eines: VIEL SPASS!!
Bernie Bauernschmitt, (" Boss der Gößweinsteiner Narren")
Zitat von Bernie im Beitrag #2Fakt ist, dass diese immer höheren Auflagen sicher nicht motivationsfördernd sind. Aber bei aller Gaudi: Sicherheit geht vor und muss sein, gerade auch im Fasching bei den Umzügen.
Wenn das so weitergeht mit den Auflagen, befürchte ich das dann keiner mehr Lust hat an einem Faschingsumzug überhaupt noch teilzunehmen. Derjenige, der sich diese teilweise völlig weltfremden und unrealistischen Vorschriften im Landratsamt ausdenkt, hat offenbar noch nie einen Faschingsumzug gesehen. Da kann man eigentlich nur mit dem Kopf schütteln. Sicherheit ist zwar sehr wichtig und geht vor, jedoch sollte man es nicht so übertreiben wie bereits geschehen.
Hier mal ein Bild, wenn auch etwas unscharf, das mich selbst als Till vo Gößmastaa beim Faschingsumzug im Jahre 1989 hoch oben im Narrenkübel auf einem Unimog zeigt. So was wäre heute undenkbar und ich würde wahrscheinlich auf der Stelle "verhaftet"...