Gößweinstein: Badangerkapelle erstrahlt in neuem Glanz
Von Thomas Weichert
GÖSSWEINSTEIN
Aufgrund eines Gelübdes vom 10. April 1945 wurde die Votivkapelle, im Volksmund auch „Badangerkapelle“ genannt, von über 100 Gößweinsteinern zum Dank für die Rettung des Ortes und als Mahnung an spätere Generationen mittels freiwilliger Spenden aus der Bevölkerung durch die Votivkapellenbaugemeinschaft Gößweinstein in den Jahren 1948 bis 1950 zu Ehren der unbefleckten Empfängnis Mariens erbaut.
Im Jahr 2018 stand fest, dass das kleine Gotteshaus unterhalb des Höhenschwimmbads an der markanten Badangerlinde dringend sanierungsbedürftig ist. Es war Marktgemeinderat Rainer Polster der vor etwa drei Jahren die Initiative ergriffen hatte die marode Schiefereindeckung des Vorbaues herunterzureißen weil auch schon die Bretter darunter morsch waren und Wasser eindrang. Das Gerüst besorgte er sich mit seinem eigenen Auto vom Bauhof. „Er war unermüdlich in seiner Arbeit, das Vorhaben durchzuführen“, sagt Oskar Thürmer, der genauestens Buch über alle Arbeiten und Ausgaben sowie die Spenden aus der Bürgerschaft zur Sanierung der Kapelle geführt hat. Viel zu früh verstarb Rainer Polster dann unerwartet im November 2019, noch bevor die Renovierungsarbeiten abgeschlossen werden konnten. Noch zu Lebzeiten Polsters wurde die Außenfassade und die Untersichten von Oskar und Georg Thürmer neu gestrichen. Die Farbe für den Außenanstrich im Wert von zirka 300 Euro spendierte eine Bamberger Malerfirma bei der Georg Thürmer arbeitete. Georg Thürmer verstarb auch 2019. Nach dem Tod von Rainer Polster und Georg Thürmer musste es ja irgendwie weitergehen. Da übernahm der Nachbar von der Kapelle, Georg Neuner mit seiner Ehefrau Leni die weiteren Arbeiten. Georg Neuner half natürlich schon zu Zeiten von Rainer Polster fleißig mit. Georg und Leni Neuner sind schon fleißige Unterstützer der Kapelle, da sie die Türe der Kapelle auf- und zusperren, die Glocke zur jährlichen Dankandacht und bei Flurumgängen läuten und dafür sorgen, dass alles in Ordnung ist. Nachdem die Außenfassade fertig war, das Gebälk gereinigt und von Schutt befreit wurde sowie neue Dachpappe aufgebracht war wurden auch die Nebenseiten mit Nut- und Federbrettern neu verkleidet. Als es dann an die Innensanierung ging räumte Georg Neuner die Kapelle komplett aus. 2020 wurde dann das Gebälk neuen mit Brettern begehbar gemacht und ein neues Glockenseil mit Umlenkrollen angebracht. Ein Riss über der Eingangstür innen musste mit zwei langen Flacheisen unter Putz angebracht und anschließend verputzt werden bevor Georg und Leni Neuner den Kapelleninnenraum komplett raustünchen konnten. Georg Neuner setzte auch die neuen Glassegmente in den Rundfenstern ein, fertigte den Gitterrost aus Holz vor der Eingangstür und strich diese jeweils dreimal Außen und Innen neu an, bevor das gereinigte Inventar und die neu eingeölten Bänke wieder eingeräumt werden konnte. Ein besonderes Problem stellte die teilweise kaputte Schiefereindeckung dar, weil die noch intakten Schiefern nicht mehr komplett dafür ausreichten. Zimmerer Franz Keller aus Gößweinstein wurde im Internet fündig, fuhr kurzerhand ins Erzgebirge wo eine große Schachtel mit alten und passenden Schiefern stand. Damit konnten kaputte Schiefern ersetzt werden. Den neuen Teppich im Wert von 300 Euro spendete Betti Bayer, frühere Chefin des gleichnamigen Gößweinsteiner Autohauses die auch schon 1998 die neue Dachrinne, damals zum Preis von 1650 D-Mark anbringen ließ. Insgesamt leisteten alle ehrenamtlichen Helfer 450 Arbeitsstunden und finanzierten auch weiteres Material selbst damit die Badangerkapelle nun wieder in neuem Glanz erstrahlen kann. Großes Lob für dieses ehrenamtliche Engagement kam beim Ortstermin von Bürgermeister Hanngörg Zimmermann (FW). Betty Bayers Vater Lorenz Striegel, der Viehhändler war, war beim Bau der Kapelle neben Zimmermeister Nikolaus Schreiber und dem früheren Gößweinsteiner Bürgermeister Heinrich Endrös einer der maßgeblichen Erbauer der Badangerkapelle, wie sich Betty Bayer erinnert. Hintergrund der zum Bau der Badangerkapelle geführt hatte war das Vorrücken amerikanischer Verbände von Wölm aus über Behringersmühle. Am morgen des 15. April überflog ein Aufklärungsflugzeug der US-Armee Gößweinstein, was auf den Vormarsch der amerikanischen Truppenverbände schließen ließ. Kanonendonner war aus Richtung Wölm auch in Gößweinstein zu hören nachdem dort eine kleine SS-Einheit von einer Felsgruppe bei Moritz die vorrückenden Amerikaner beschossen hatte. Dies führte zum Beschuss von Wölm wo ein Wohnhaus mit Stall und vier Scheunen in Flammen aufging. Thomas Kirchner von der Pension Stempferhof war es, der Gößweinstein vor einem Beschuss der Amerikaner gerettet hatte als er ihnen kurzerhand mit einer weißen Fahne aus einem Überzug eines Kinderkopfkissens unerschrocken entgegeneilte. An der Badangerlinde, an der heute die Kapelle steht, wollte eine kleine Gruppe deutscher Soldaten noch Widerstand leisten. Dies führte zur sofortigen Feuererwiderung amerikanischer Artillerie durch die einige Häuser in Gößweinstein schwer beschädigt wurden und eines sogar in Flammen aufging. Aus anderen wurden weiße Tücher gehängt. Auch der damalige Gößweinsteiner Pfarrer, geistlicher Rat Geißler, der Guardian des Franziskanerklosters Pater Zeno Morper und Pater Hermenegild Merz kamen den Amerikanern mit weißen Fahnen entgegen die bereits an der Zufahrt des Stempferhofs Stellung bezogen hatten. Mesner Josef Erhard und der Vater von Betty Bayer, Lorenz Striegel wurden von amerikanischen Soldaten dann gezwungen sich vorne auf einen Panzer zu setzen, als sie in den Ort einrollten. Als amerikanische Offiziere die Basilika betraten waren sie überrascht von der Herrlichkeit des Gotteshauses. Einer dieser Offiziere bemerkte gegenüber den Geistlichen: „Seien Sie froh, dass Sie nicht geschossen haben, sonst wäre dieser Bau höchstwahrscheinlich von Artillerie zerstört worden. Bereits fünf Tage vorher, am 10. April 1945, hatte Pater Hermenegild eine Urkunde gefertigt in der sich die Gößweinsteiner verpflichtet hatten eine Kapelle zu Ehren der unbeleckten Empfängnis Mariens zu bauen, wenn der Ort vor großem Kriegsunglück verschont bleibt. Im März 1982 wurde die Votivkapellenbaugemeinschaft aufgelöst und die Badangerkapelle zur weiteren Betreuung der Gemeinde Gößweinstein übergeben.