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Helga Feddersen 1945 in Doos – Gästebuch der Pulvermühle zeugt von Schriftstellertreffen der Gruppe47 im Jahre 1967
Helga Feddersen 1945 in Doos – Gästebuch der Pulvermühle zeugt von Schriftstellertreffen der Gruppe47 im Jahre 1967
Von Thomas Weichert (Text und Fotos)
TÜCHERSFELD/WAISCHENDELD/DOOS Es ist geradezu eine Sensation: Dem Fränkische Schweiz Museum wurde ein Poesiealbum geschenkt in dem sich ein Eintrag und ein Brief der unvergessenen Hamburger Volkschauspielerin, Autorin und Sängerin Helga Feddersen befindet. Der Eintrag im Poesiealbum und der Brief zeugen davon, dass Helga Feddersen im Alter von 15 Jahren im Jahre 1945 im Kinderlandverschickungslager in Doos bei Waischenfeld untergebracht war.
Helga Feddersen
Internationale Bekanntheit erlangte Helga Feddersen als Klothilde in Rainer Werner Fassbinders Spielfilm Buddenbrooks nach dem Roman von Thomas Mann. Im Ohnsorg-Theater spielte sie unter anderem an der Seite von Heidi Kabel. 1975 wurde Helga Feddersen durch ihre Rolle als Else Tetzlaff in Wolfgang Menges Fernsehserie Ein Herz und eine Seele mit Heinz Schubert (Ekel Alfred) dem deutschen Fernsehpublikum bekannt, moderierte mit Frank Zander die „Plattenküche“, war häufig Comedypartnerin von Dieter Hallervorden und spielte in zahlreichen Spielfilmen und Fernsehserien, zuletzt in der Serie „Großstadtrevier“, mit und machte sich auch als Autorin und Sängerin einen Namen. Helga Feddersen wurde am 14. März 1930 als Tochter eines Kaufmanns für Seemannsausrüstungen in Hamburg geboren. Am 24. November 1990 starb sie in einem Hamburger Krankenhaus an einem Leberkrebsleiden. Ihre Urne wurde auf dem Steigfriedhof in Stuttgart-Bad Cannstatt, der Heimatstadt ihres zweiten Mannes, dem Schauspieler und Sänger Olli Maier, beigesetzt.
Helga Feddersens handschriftlicher Eintrag mit eigenhändiger Unterschrift in dem Poesiealbum das nun dem Fränkische Schweiz Museum gehört ist ein Gedicht und lautet: „Stürmt die See und tobt der Wind, und flammt der Blitze Feuer, so denke wie des Schiffers Kind: „Mein Vater sitzt am Steuer !“ Helga Feddersen – Doos, den 24. Mai 1945. Kurz vor ihrer Heimfahrt nach Hamburg schrieb Helga Feddersen in Doos am 7. Juli 1945 einen Brief den sie mit den Worten „Zum lieben Gedenken !“ überschrieben hat und der sich ebenfalls in dem Poesiealbum fand. Unten auf diesem Brief ist ein Schwarz-Weiß-Foto von Helga Feddersen als Jugendliche abgebildet und der Text des Briefes lautet: „Nimmst du dann in spätren Tagen Dieses Blatt einmal zur Hand, Wirst Du Dir im Stillen sagen: „Ja, die hab ich auch gekannt !“ Und es ziehn durch Deinen Sinn, All die lieben Erinnerungen hin. Alles was Dich traurig und glücklich gemacht, Als Du noch in Doos Deine Tage verbracht ! Doos, am 7. Juli 1945, kurz vor der Heimfahrt. Deine Fedder“.
Helga Feddersen hat demnach in Doos nicht nur traurige sondern auch glückliche Momente erlebt. Bis 1993 war Doos ein beliebtes Gasthaus mit Fremdenzimmern bis es der Deutsche Orden übernahm und als heutiges „Haus Aufseßtal“ zu einer soziotherapeutischen Einrichtung für chronisch alkohol- und medikamentenabhängige Männer und Frauen umbaute. Ein Gasthaus in Doos gibt es vermutlich schon seit 1829. Belegt ist jedenfalls das zu dieser Zeit in Doos schon Bier ausgeschenkt wurde. Berühmte Reisende machten in Doos Station. 1798 zum Beispiel der bekannte deutsche Freiheitsdichter Ernst Moritz Arndt. Ludwig Richter, der bekannte Maler, zeichnete 1837 den Ort und den Wasserfall. Im gleichen Jahr besuchte auch der Düsseldorfer Dichter Karl Immermann das Gasthaus und den Wasserfall, den er sogar in einem Gedicht verewigte.1930 wurde die an das Haus angrenzende Scheune zu Wirtschaftsräumen und Fremdenzimmern ausgebaut und die Bettenzahl erhöhte sich auf 45. Das Gasthaus und die Pension erfreute sich zunehmender Beliebtheit, vor allem bei Fliegenfischern und Erlanger Studenten. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges veränderte sich jedoch alles. Die Gäste blieben aus und 1940 bis 1941 wurde das Gasthaus in Doos mit 92 Aussiedlern belegt. Nach deren Wegzug wurde Doos zum Kinderlandverschickungslager in dem zeitweise über 100 Jugendliche, die meisten aus Hamburg, untergebracht waren bis die Amerikaner einmarschierten. Eines dieser Kinder die Kinderlandverschickungslager Doos einen Teil ihrer Jugendzeit verbracht haben war nun auch die später zur Berühmtheit gelangte Volksschauspielerin Helga Feddersen wie nun durch das Poesiealbum des Fränkische Schweiz Museums nachweisbar ist. Für Museumsleiter Rainer Hofmann ist dies nun ein ganz besonders wertvolles neues Exponat des Museums.
Ebenso wie zwei Gästebücher der Pulvermühle die das Museum von der Familie Bezold bekam. In dem älteren Gästebuch der Pulvermühle finden sich auch alle Unterschriften der Schriftsteller des letzten Treffens der berühmten Grupp47 aus dem Jahre 1967. Am 8. Oktober 1967 schrieb der spätere Literaturnobelpreisträger Günter Grass unter dem Eintrag von Gruppe47-Organisator Hans Werner Richter: „vielen Dank, nicht nur für die Knödel…“.
Wie Landrat Hermann Hübner (CSU) während der Präsentation bei der Zweckverbandsversammlung des Zweckverbands Fränkische Schweiz Museums meinte, sollten die Gästebücher der Pulvermühle mit den Einträgen der Schriftsteller der Gruppe47 eine zentrale Rolle bei einer für den Oktober diesen Jahres in Waischenfeld bereits geplanten Schriftstellerfestivals zum 50. Jahrestag des letzten Treffens der Gruppe47 in der Pulvermühle bekommen. Wie bereits mehrfach berichtet soll dieses Literaturfestival als erstes dreitägiges Treffen namhafter deutscher Schriftsteller vom 13. bis 15. Oktober in Waischenfeld stattfinden. Geplant wird dies bereits von der Bayreuther Firma KulturPartner die noch Geldgeber dafür sucht. Wie Hübner dazu nun erklärte soll auch die Tourismuszentrale Fränkische Schweiz dafür mit eingebunden werden. Denn nach Meinung von Hübner habe dies große Bedeutung, nicht nur für Waischenfeld, sondern für die gesamte Fränkische Schweiz. Hübner kann sich daher auch vorstellen das zum Beispiel Vorträge zur Gruppe47 auch in Pottenstein, Gößweinstein oder Ebermannstadt stattfinden können.
Weitere Exponate die das Museum neu erwerben konnte sind unter anderem zwei sehr gut erhaltene und seltene Kommunionkränze für Jungen aus Schlaifhausen, eine figurenreiche Darstellung einer fränkischen Kirchweih, handschriftliche Reisebeschreibungen der Fränkischen Schweiz aus dem 19. Jahrhundert, eine wertvolle Puppe aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts oder ein Leuchter der aus einer Synagoge stammt sowie wertvolle Gemälde und ein bemalter Bauernschrank aus Schnabelwaid.