Sensation in Gößweinstein: Kommt das Rathaus ins Pfarrhaus ?
Von Thomas Weichert
GÖSSWEINSTEIN
Residiert der Gößweinsteiner Bürgermeister bald so, wie einst die Fürstbischöfe von Bamberg ? Geradezu mit einer Sensation für die Öffentlichkeit wartete Bürgermeister Hanngörg Zimmermann (BMG) während der Marktgemeinderatssitzung im Pfarrheim auf, bei dem der einzige Tagesordnungspunkt der Sachstandsbericht zum Rathausneubau sein sollte. Die 25 erschienenen Zuhörer staunten dann nicht schlecht, als Balthasar Neumanns Nachfolger Florian Selig in seiner Eigenschaft als Architekt des Erzbistums Bamberg die Pläne zum Umbau des unmittelbar neben der Basilika stehenden historischen Pfarrhauses zum neuen Gößweinsteiner Rathaus vorstellte.
Platz genug, sogar auch noch für das Pfarrbüro oder die Tourist-Info, ist in dem riesigen prachtvollen dreistöckigen Gebäude, das einst von Neumanns Mitarbeiter Johann Jakob Michael Küchel in den Jahren 1747 bis 1748 in zentralster Lage mitten auf dem Marktplatz erbaut wurde. Der Ursprungsplan stammt von Balthasar Neumann noch bevor das alte und kleinere Pfarrhaus an gleicher Stelle dem so genannten „Schmalzkübelbrand“ im Jahre 1746 zum Opfer fiel. Bei möglichen Umbaumaßnahmen unangetastet bleibt natürlich der barocke Fürstensaal mit dem Wappen des damals amtierenden Fürstbischofs Freiherr Johann Philipp Anton von und zu Frankenstein. 765 Quadratmeter hätte die Marktverwaltung in dem Barockbau zur Verfügung und im Dachgeschoss sogar noch einen Mehrzweckraum mit Küche, der sicherlich auch als Sitzungssaal für den Marktgemeinderat genutzt werden könnte. Für ein zweckmäßiges Rathaus bräuchte man nur etwa 550 Quadratmeter Platz. Außerdem wäre auch alles barrierefrei erreichbar, da ein Aufzug vom Keller bis zum Dachgeschoss eingebaut wird. Zimmermann ging zunächst kurz auf die Historie der Standortsuche für ein neues Rathaus ein. Diskutiert wurde der Abriss des alten Rathauses und dort ein Neubau. Weiterhin der Kauf des Gasthofes Rose mit Umbau zum Rathaus und schließlich der Neubau eines Rathauses auf dem Hallenbarareal. Nun kam „Kollege Zufall“ ins Spiel. Nach der Firmung in diesem Jahr in der Basilika, die Generalvikar Georg Kestel hielt, traf sich danach ein kleiner Kreis zum Mittagessen im Scheffel-Gasthof. Dabei auch Regionalkantor Georg Schäffner. Ihn fragte Kestel welche künftige Nutzung er sich für das fast leerstehende Pfarrhaus vorstellen könnte. So kam Schäffner spontan auf die Idee dem Generalvikar eine Nutzung als Rathaus vorzuschlagen. Diese Idee nahm Kestel mit nach Bamberg und besprach Schäffners Vorschlag mit Baudirektor Josef Schwab. Als Schwab am 20. Juli bei einem Betriebsausflug des Ordinariates in Gößweinstein mit dabei war, war er von Schäffners Idee begeistert. Kurzfristig wurde Bürgermeister Zimmermann angerufen, der auch spontan dazu kam und ebenso begeistert war. Schwab lies dann von seinem Architekten erste Pläne fertigen, die zunächst den Markträten und nun eben auch der Öffentlichkeit vorgestellt wurden. Für Zimmermann gehört ein Rathaus nach wie vor in die Ortsmitte. Gerade weil der Ort im Wandel ist und immer mehr Geschäfte im Zentrum schließen. Wie Architekt Selig unter anderem ausführte, könne die Kommune das erste, zweite und dritte Obergeschoss, außer dem Fürstensaal – der aber auch für Trauungen und Empfänge dienen könnte – vollkommen als Verwaltung nutzen. Auch eine Verlegung der Tourist-Info vom Haus des Gastes in dann zentrale Lage in das Untergeschoss des Pfarrhauses wäre sinnvoll und möglich. Sogar Parkplätze hätte man für ein neue Rathaus auf der Pfarrwiese hinter dem Pfarrgarten, der eben so erhalten bliebe, mehr als genug. Auch hier gehören alle Grundstücke entweder der Kirchenstiftung oder der Pfarrpfründestiftung. So weit es der Denkmalschutz zulässt, würde das Pfarrhaus natürlich auch energetisch saniert um Energiekosten zu sparen. „Das Rathaus im Pfarrhaus am Marktplatz hat einen gewissen Charme“, so die erste Wortmeldung von Peter Helldörfer (CSU). Jürgen Kränzlein (SPD) räumte ein anfänglich etwas Bauchschmerzen gehabt zu haben. Wie Kränzlein meinte sei die Zeit der Fürstbischöfe vorbei, ein Rathaus jedoch der Stolz der Bürger. Für Kränzlein ist aber auch klar, dass sich das Pfarrhaus nur mit einer entsprechenden Nutzung nachhaltig sichern lässt. Dies liege auch im Interesse der Marktgemeinde. Als Mieter sah Kränzlein die Unabhängigkeit der politischen Gemeinde in Gefahr. Nur Miete ist Kränzlein daher zu wenig. Aus Gründen der Nachhaltigkeit will Kränzlein von Bamberg mehr als nur einen Mietvertrag, sondern einen Vertrag auf „Augenhöhe“. Wie man juristisch diesen Vertrag gestalten könne, hängt letztendlich von der Regierung ab, dazu Schwab. „Kein Zweifel, das Pfarrhaus ist ein ganz herausragendes Gebäude“, so Georg Lang (CSU), der sich ebenfalls gegen nur Miete aussprach. „Ich bin in einfachen Verhältnissen aufgewachsen in denen Eigentum immer im Vordergrund stand“, so Lang, der das Konfliktpotential bei zwei Herren über ein Haus als sehr hoch einschätzte. „Bei Miete bezahlt man das Eigentum eines Anderen“, so Lang, der weiterhin betonte, das man sich über die Kosten keine Illusionen machen müsse, da das Ganze nicht billig wird. „Was kostet uns die Miete“, wollte Bernhard Vogel (SPD) wissen und „wie lange dauert die Bauzeit“, war die Frage von Benno Beck (BMG). „So weit sind wir noch nicht“, so Zimmermanns Antwort zur Miete und der Architekt schätzt, das man nächstes Jahr planen und ab 2019 dann zwei Jahre lang bauen könnte. Falls die Regierung entsprechend hohe Zuschüsse bewilligt. „Wir dürfen nicht hetzen, denn das ist eine historische Chance“, so Zimmermann. Denn für die Vitalität des Ortes brauche man einen lebendigen Marktplatz. Und den kriege man nach Zimmermanns Meinung eben mit einem solventen Eigentümer wie der Kirche und einem solventem Mieter wie der Gemeinde hin. Daher sei die Langfristigkeit in den Vordergrund zu stellen. „Wir sind eine über 1000 Jahre alte Firma“, dazu Schwab mit Blick auf die Gründung des Bistums Bamberg 1007. Laut Schwab müsse die Kirche und die Gemeinde eine gemeinsame Verantwortung vor Ort wahrnehmen. „So lange ich in der Diözese noch etwas zu sagen habe, werde ich dahinterstehen“, betonte der Baudirektor des Erzbischofs. „Gößweinstein kann sich wirklich über diese Vorlage freuen“, betonte Konrad Schrüfer (FWG). Denn vom Zentrum lebe der ganze Ort. Schrüfer brachte eine energetische Wärmeversorgung ins Spiel. Auch daran hatte der Architekt bereits gedacht. Denn würde man das kircheneigene marode Wohnhaus oberhalb des Pfarrhauses „Am Kreuzberg 11“ wegreißen und dort ein zentrales Blockkeizkraftwerk bauen, könnte man nicht nur alle kirchlichen Gebäude bis hin zum St. Franziskus Kindergarten mit Fernwärme beheizen. Laut Selig sogar bis hinaus zur Grund- und Mittelschule. Auch viele Privateigentümer in Gößweinstein könnten dann an diese zentrale Fernwärmeversorgung anschließen. Lang bezweifelte jedoch das man die Hackschnitzel in diesem Ausmaß über die engen Straßen auf den Kreuzberg überhaupt liefern kann. Für Daniela Drummer (FWG) steht eine 1000jährige Firma für Stabilität. „Die Gößweinsteiner Kirche ist offen und geht einen ganz großen Schritt nach vorne. Das finde ich modern und ganz toll“, lobte die Lehrerin. In Miete zu gehen ist aber auch für Dietmar Winkler (CSU) nicht unbedingt erstrebenswert. Er wollte wissen was die Kirche mit dem Pfarrhaus macht, wenn die Idee mit dem Rathaus nicht zum tragen kommt. „Das Pfarrhaus ist viel zu groß, das kann die Kirche nicht beleben. Wenn es nicht zustande kommt sehe ich einen weiteren Werteverfall für das Pfarrhaus“, so die Antwort von Kirchenpfleger Bernhard Schrüfer. „Erst die Zahlen ermitteln, nun Lang, der nun betonte das er generell nichts dagegen hat das Ganze zu prüfen. Die große Euphorie im Rat könne er aus Erfahrung nicht teilen. “Wenn es nach mir gehen würde, wären wir schon viel weiter“, schloss Zimmermann schließlich die Debatte. Der Beschluss war dann einstimmig: „Das Vorhaben das Rathaus im Pfarrhaus unterzubringen soll weiter verfolgt werden.“ Nun sind die Planer des Erzbistums wieder am Zug.
Der Bericht im Nordbayerischen Kurier: http://www.nordbayerischer-kurier.de/nac...farrhaus_628107|addpics|9r-65-9036.jpg-invaddpicsinvv,9r-66-6769.jpg,9r-67-4862.jpg-invaddpicsinvv,9r-68-3e3c.jpg-invaddpicsinvv,9r-69-58cd.jpg-invaddpicsinvv,9r-6a-eca9.jpg-invaddpicsinvv,9r-6b-1c43.jpg-invaddpicsinvv|/addpics|